Mai 17, 2017

Regina Polak: Frauen sind „Treiberinnen“ einer solidarischen Weltordnung

Feier in der Salzburger Basilika Maria Plain. Festrednerin Polak: Frauen sind „Treiberinnen“ einer solidarischen Weltordnung

Salzburg, 13.05.2017 (KAP) Mit einem Gottesdienst und einem Festakt in der Salzburger Basilika Maria Plain feierte die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) am Freitag ihr 70-jähriges Bestehen. „Mystik und Widerstand“ postulierte die Pastoraltheologin Regina Polak in ihrer Festrede vor rund 200 Festgästen aus Politik, Kirchen und Frauenverbänden angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen und eines wachsenden Autoritarismus als „Aufgabe der Stunde“. Frauen seien „Treiberinnen“ einer solidarischen Weltordnung. „Mischen wir uns immer nachdrücklicher ein, in einer Zeit, in der Armut und Ausgrenzung die Welt und Europa entzweien, Rechtspopulisten Auftrieb erhalten und Frauen einmal mehr betroffen sind, wenn sich Ängste und Hass Ventile suchen“, erklärte auch kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner, die aktuelle Spitzenvertreterin der mit 150.000 Mitgliedern größten Laienorganisation des Landes.

Das Engagement der Frauenbewegung erfolge „aus der Überzeugung unseres Glaubens heraus, dass uns das Reich Gottes, dieses andere Modell des Miteinanders von Menschen in sozialer Gerechtigkeit, zugesagt ist“, hob Pernsteiner im Beisein prominenter Gratulanten, unter ihnen die Bischöfe Franz Lackner, Wilhelm Krautwaschl und Maximilian Aichern, die Präsidentin der Katholischen Aktion, Gerda Schaffelhofer oder die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs, Sr. Beatrix Mayrhofer, hervor. Diesem Gedanken sei auch das Motto des Festes „Frauen.Leben.Stärken“ verpflichtet, zum dem die Katholische Frauenbewegung in den kommenden beiden Jahren schwerpunktmäßig arbeiten werde, sagte Pernsteiner.

Die kfbö-Vorsitzende nannte in ihrer Rede unter anderen die evangelische Theologin Dorothee Sölle als eine der „Begleiterinnen, Mutmacherinnen, Herausfordererinnen“ der Frauenbewegung. „‚Da kann man nichts machen, ist ein gottloser Satz“, zitierte Pernsteiner Sölle: „So klein und kompakt hat Dorothee Söllle die große Erkenntnis von der Verquickung von Mystik und Politik verpackt.“ Frauen, die im Alltag aus dem Glauben an das Reich Gottes lebten, „Flüchtlinge begleiten oder vor einem Landtag gegen Demokratieabbau und rechtes Gedankengut auftreten“, gehörten ebenso dazu, wie die Heilige Katharina von Siena, die die Katholische Frauenbewegung 2014 zur Patronin und Wegbegleiterin erwählt hat – eine Frau, die, so Pernsteiner, „geradezu dazu befähigt, sich angstfreier und nicht korrumpierbar einzumischen in die Verhältnisse, wie sie sind“.

Spiritualität wird politisch
Festrednerin Polak nahm das „weltweite Erstarken autoritärer, aggressiver, hegemonialer, patriarchal formatierter Macht“ in den Blick. Dieses fordere zu Widerstand politischer Einmischung auf Basis einer christlichen Sozialethik heraus. „Ich wünsche der Katholischen Frauenbewegung den Mut, ihren Weg in diesem Sinne weiterzugehen, aus einer christlichen Spiritualität heraus, die Beziehung meint“, sagte die an der Universität Wien lehrende Theologin. Spiritualität als „eine Art Liebe“ werde politisch, wenn sie Menschen versöhne, Formen und Strukturen von Fremdherrschaft und Unterdrückung, Heuchelei und Lüge aufdecke, Narzissmen, Selbstzufriedenheit und Abgeschlossenheit unterbreche.

Frauen hätten sich angesichts eines weltweit wachsenden Autoritarismus auf Ebene der Zivilgesellschaft als „Treiberinnen“ einer neuen, sozial gerechten Weltordnung in biblischem Sinne bewiesen, betonte Polak; sie spielten eine „Schlüsselrolle“, wo es um alternative Lebensstile, neue Ökonomien, neue politische Ordnungssysteme im Sinne sozialer Gerechtigkeit gehe.

Christliche Spiritualität, die darauf ziele, sich für gesellschaftliche Rahmenbedingungen einzusetzen, in denen die Würde des Menschen geachtet und Menschen nicht bloß als „Humanfaktoren im Wirtschafts-, Freizeit- und Konsumgetriebe“ verstanden würden, sowie die politische Teilhabe aller voranzutreiben, sei „das Gegengift“ gegen Versuchungen, die aktuellen Probleme mit autoritärer Gewalt zu lösen, hob Polak hervor. Die Katholische Frauenbewegung habe „jede Menge Erfahrung“ mit dieser Spiritualität: „Mit dem Engagement gegen Gewalt gegen Frauen und für ihre Gleichbehandlung in Kirche und Gesellschaft, für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, eine geschlechtergerechte Arbeitsmarkt- und Budgetpolitik sowie Verteilungsgerechtigkeit im nationalen wie globalen Kontext, mit dem Praktizieren von Frauenliturgien, Spiritualitäts- und Gebetsformen, in denen auch die Welt Thema ist, ihrem Einsatz für die Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern“, sagte sie.

Helm: „Ihr seid Apostelinnen“
„Ihr seid Apostelinnen“, ermutigte Festprediger P. Franz Helm, geistlicher Assistent der kfbö und Generalsekretär der Superiorenkonferenz, die versammelten Frauen: „Ihr seid lebendige Steine im Bau der Kirche, gebaut auf dem Fundament der Apostel und Apostelinnen.“ Auch weiterhin gelte es für die kfb-Frauen, einzutreten für „Inklusion, Gleichberechtigung und Solidarität mit den Ausgegrenzten“, für Partizipation und Vernetzung mit Gleichgesinnten in der Gesellschaft. „Ohne das Engagement der kfb-Frauen wäre das Wirken der Kirche als Werkzeug zur Verwirklichung des Reiches Gottes defizitär“, sagte Helm.

Der in der Österreichischen Bischofskonferenz als Referatsbischof für die Katholische Aktion verantwortliche Grazer Bischof Krautwaschl, forderte in seiner Grußbotschaft die kfbö dazu auf, im Sinne einer „ecclesia semper reformanda“ in Bewegung zu bleiben: „Bleibt dabei, Euch zu ändern“, appellierte er, „macht Euch auf – gehen wir miteinander.“

„Frauen können Gesellschaft verändern“
„Wir Frauen sind Schwestern – mit oder ohne Schleier oder Kopftuch. Gemeinsam tragen wir Verantwortung füreinander, für Kirche und Gesellschaft“, erklärte Frauenordens-Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer beim Festakt. „Wir sind eine starke Stimme“, ermutigte sie: „Frauen können Gesellschaft verändern.“

Eine weitere Grußbotschaft kam von Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner. Sie dankte der Katholischen Frauenbewegung „für ihren unermüdlichen Einsatz, Frauen in Österreich und der ganzen Welt eine starke Stimme zu geben“. Sich mit den Nöten von Menschen zu konfrontieren führe dazu, „dass man nicht zögert: man kämpft“, sagte Sabine Slawik vom Katholischen Deutschen Frauenbunds und der Europäischen Allianz Katholischer Frauenverbände „Andante“.

Zum Kreis der Festgäste zählten auch die ehemaligen Vorsitzenden der Katholischen Frauenbewegung Ingrid Klein, Margit Hauft und Barbara Haas. In einem Video in der kfbö-Reihe „angefragt“ berichten sie gemeinsam mit der gegenwärtigen Vorsitzenden über wesentliche „Augenblicke“ ihrer Amtszeit, geben „Rückblicke und Ausblicke“ (https://www.youtube.com/watch?v=9PDHX3X1UZs). Als „Markstein“ ihrer Zeit bezeichnet Ingrid Klein den Frauenkongress 1993. Die kfbö habe damals Leitlinien formuliert, die „einen Wandel der Frauenbewegung“ ausdrückten „hin zu einer Frauenbewegung, die ins Ende des 20. Jahrhunderts gepasst hat“. Sowohl Klein als auch Hauft erinnern sich in dem Video an die Widerständigkeit, die es gebraucht hat, Misstrauen der „Amtskirche“ entgegenzutreten: „So hat man mir etwa nahegelegt, zu einer anderen Glaubensgemeinschaft zu wechseln“, erinnert sich Hauft, die vom Jahr 2000 bis 2012 Vorsitzende der Frauenbewegung war. Die wachsende Herausforderung, Ehrenamt und Berufstätigkeit unter einen Hut zu bringen, thematisiert Barbara Haas (2012-2015), die die kfb-Frauen aufruft, „weiterhin laut den Mund aufzumachen“ und „immer Stellung zu beziehen, so schwierig das ist“.

Bischof Manfred Scheuer: Arbeit so gestalten, dass man gesund bleibt

Linzer Diözesanbischof kritisiert Trend zu Digitalisierung und „Industrie 4.0“ für Vernichtung von Arbeitsplätzen

Grundsätze für „gute Arbeit“ hat der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer am Dienstag als Gastredner vor der oberösterreichischen Arbeiterkammer skizziert. Gute Arbeit sei untrennbar verbunden mit Respekt, Anerkennung, Wertschätzung und Recht auf Mitbestimmung und sei eine „wichtige Voraussetzung für seelisches Wohlbefinden“, sagte der Bischof bei der Vollversammlung in Linz. Arbeit müsse jedoch so gestaltet werden, dass sie nicht krank mache, sondern dass vielmehr die Gesundheit erhalten bleibe.

Die Arbeit sei ein „Platzanweiser in der Gesellschaft“, da sie Sinn im Leben stifte und den Menschen einen „Rahmen“ gebe, erklärte Scheuer. Soziale Kontakte würden am Arbeitsplatz geknüpft und gepflegt, zudem dürfe man auch das Gefühl, gebraucht zu werden, nicht unterschätzen. Andererseits könnten aber belastende Arbeitsbedingungen wie ständiger Leistungsdruck und Schichtarbeit, Unsicherheit des Arbeitsplatzes, andauernde Überlastung, aber auch Unterforderung mit zu einer psychischen Erkrankung von Menschen beitragen.

Besondere Kritik äußerte der Bischof an jüngsten Entwicklungen, die unter den Schlagwörtern „Digitalisierung“ oder „Industrie 4.0“ zusammengefasst werden. Zunehmend würden Verkäuferinnen im Handel wegrationalisiert und durch Selbstbedienung und Expresskassen ersetzt. Das Online-Banking führe zu einem Stellenabbau bei Bankmitarbeitern, und immer mehr und immer qualifiziertere Jobs würden von Robotern, Datenverarbeitungsprogrammen und Smartphone-Apps übernommen. „Bringt die technische Revolution Wohlstand für alle und gesteigerte Produktivität – oder geht uns die Arbeit aus, verschwinden ganze Berufszweige, ohne dass genügend neue Jobmöglichkeiten geschaffen werden?“, hinterfragte Scheuer.

Die Wirtschaft gelte es nachhaltig zu gestalten, mit dem Blick auf die kommenden Generationen als Aufgabe und Ziel, betonte der Linzer Bischof. „Es geht um das Gleichgewicht von monetären, sozialen und ökologischen Zielen. Die heutigen Ansprüche müssen erfüllt werden, ohne die Möglichkeiten der künftigen Generationen negativ zu beeinflussen.“ Bei jedem Handeln solle man „mit gutem Gewissen den Enkeln in die Augen schauen können“, was einen guten Umgang mit Rohstoffen, zwischen den Generationen und auch mit den Sozialsystemen erfordere. Die Sozialpartnerschaft – bei zur gemeinsamen Bewältigung der Herausforderungen Verbindendes über Trennendes gestellt werde – könne dabei auch künftig den wirtschaftlichen Erfolg und sozialen Frieden in Österreich sichern.

Quelle: kathpress