Januar 2018

Traude Novy: Durchschummeln

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Indem wir in den Medien ein wenig die Gerichtsverhandlungen im BUWOG-Prozess verfolgen,  offenbart sich uns ein  erschreckendes Sittenbild von einst mächtigen Akteuren in Politik und Wirtschaft. Natürlich gilt in jedem Fall die Unschuldsvermutung, aber was sich da allein an undurchsichtigen Verschiebungen von Geldern rund um den Erdball zeigt, ist es wert, einen kritischen Blick auf jene „Leistungsträger“ zu werfen, die ständig nach mehr privat und weniger Staat rufen. 

Erinnert sich noch jemand daran, dass die ehrwürdige Industriellenvereinigung dem damaligen Finanzminister Grasser unversteuert eine private homepage finanzierte? Hat noch jemand die Bilder vor Augen, als jener Finanzminister auf „Roadshows“ gegen Honorar die Aktienmärkte und die Privatisierung von Staatseigentum bewarb?  Durch manche dieser undurchsichtigen Transaktionen wurden einige Personen sehr  reich, der Staat aber um sein Vermögen gebracht.

Erinnert sich noch jemand daran, dass in den Boom Jahren an den Börsen den Gemeinden sogar vom Rechnungshof nahegelegt wurde, ihr Geld doch nicht auf Sparbüchern zu parken, sondern es am Kapitalmarkt „arbeiten“ zu lassen? Das ging in den Krisenjahren allerdings kräftig schief.

Man könnte also erwarten, dass sich politisch Verantwortliche damit befassen, wie sie dieses Durchschummeln einflussreicher Menschen in Zukunft verhindern können – aber das Gegenteil ist der Fall.

Wir sind jetzt wieder so weit, dass über die Vermögenden und gut Verdienenden der Schutzmantel ausgebreitet wird. Eigentum jener, die viel davon haben,  wird heiliggesprochen. Von der sogenannten christlich- sozialen Partei ist kein Wort über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums als Grundlage der christlichen Soziallehre zu hören. Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer sind vom Tisch, die Reduktion der Unternehmenssteuern ist  im Gespräch. Familien bekommen Steuerermäßigung pro Kind – allerdings nur dann im ganzen Ausmaß, wenn entsprechende Einkommen lukriert werden – Niedrigverdienende schauen durch die Finger.

Und dann wird der Begriff des „Durchschummelns“ völlig zweckentfremdet auf jene angewandt, die keine Spielräume für Vermögenstransfers in Steueroasen haben, die keine Gestaltungsmöglichkeit bei ihrer Steuerpflicht nutzen können und die auch keine Steuerberater beschäftigen können, die ihnen bei der legalen Steuervermeidung helfen.

Durchschummeln tun sich laut Definition unseres Bundeskanzlers jene Notstandshilfebezieher, die noch Eigentum besitzen und dennoch Unterstützung aus der Arbeitslosenversicherung bekommen. Sie sollen deshalb von der Arbeitslosenversicherung nahtlos in die Mindestsicherung fallen. Die Eigentumswohnung, die Ersparnisse eines langen Arbeitslebens, sollen bei den meist älteren und oft gesundheitlich beeinträchtigten Langzeitarbeitslosen zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts herangezogen werden, bevor sie die Mindestsicherung, die noch dazu reduziert werden soll, beziehen können.

Sofort melden sich Menschen zu Wort, die viele Leute kennen, die eigentlich arbeiten könnten, die Immobilien besitzen und alles in allem also „Sozialschmarotzer“  und „Durchschummler“ sind. Da kann das AMS noch so oft erklären, dass es sich dabei um eine verschwindende Minderheit handelt, das Märchen von den vielen, die Sozialbetrug begehen, ist nicht zu entkräften. Ich leugne ja gar nicht, dass es Menschen gibt, die das Sozialsystem überstrapazieren – warum sollen die ärmeren Menschen eigentlich die besseren Menschen sein? Aber im Vergleich zu den Durchschummlern auf der obersten Vermögens- und Einkommensstufe sind das wirklich Lappalien.

Verwunderlich ist für mich nur, wie leicht es Politikern gelingt, Aggressionen und Neidgefühle gegen Menschen am unteren Rand der Gesellschaft  zu wecken und mit welcher Nonchalance steuerliche Tricksereien, Stiftungskonstruktionen, Kapitalflucht und gemessen am volkswirtschaftlichen Nutzen völlig unangemessene Gehälter und Gratifikationen hingenommen werden.

Die deutsche Journalistin Kathrin Hartmann spricht in diesem Zusammenhang von der „Verrohung des Bürgertums“. Abstiegsängste lassen viele Menschen nach einem Sündenbock suchen. Da sie sich aber als Zugehörige des Bürgertums fühlen, solidarisieren sie sich noch immer wesentlich leichter mit den „Reichen und Schönen“ als mit jenen, die noch gefährdeter sind als sie. Mitleidlos wird auf  Langzeitarbeitslose, Migranten und Flüchtlinge herabgeschaut und ihnen die Destabilisierung des Sozialsystems angelastet. Die Profiteure dieses Systems sind dadurch aus dem Schneider und es schaut auch so aus, als hätten nur die allerwenigsten Medien Interesse daran, sich seriös mit der Ungleichheit in unseren Gesellschaften auseinanderzusetzen.

Ich plädiere deshalb dafür, dass zumindest wir Christinnen und Christen dieses Spiel der Verrohung breiter Schichten nicht länger mitspielen und uns unserer Wurzeln besinnen – unser Platz muss auf der Seite der Benachteiligten sein, wenn wir uns und unseren Glauben ernst nehmen.

Traude Novy, Bloggerin

25.1.2018

Lisa Sterzinger: Christlich geht anders, weil …

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… es für eine Regierung erste Priorität sein sollte, Menschenrechtsverträge umzusetzen, die Vorrang gegenüber Freihandels- und Finanzverträgen haben sollten!

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ heißt es schon in der Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte und im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Menschenrechte wurde die Allgemeine Erklärung, die heuer ihren 70. Geburtstag feiert, konkretisiert. Im Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte wurde das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard für jederman/jedefrau verbrieft. Österreich hat diesen 1978 – also vor 40 Jahren – ratifiziert.

1993, vor 25 Jahren fand in Wien die UN Weltmenschenrechtskonferenz statt. In der Wiener Erklärung einigte sich die Staatengemeinschaft darauf, dass die Menschenrechte unteilbar und universell gültig sind. Das bedeutet, dass alle Menschenrechte gleich wichtig sind, weil sie sich in ihrer Umsetzung gegenseitig bedingen. Menschenrechtsverletzungen können nicht mit kulturellen Traditionen gerechtfertigt werden. Konkret verständlich wird die Unteilbarkeit, wenn man bedenkt, dass jemand der im dauernden Existenzkampf steht, sich kaum politisch beteiligen kann. Auch Bei Zwangsehe und weiblicher Genitalbeschneidung handelt es sich um Menschenrechtsverletzungen, auch wenn diese – mit dem Argument der Tradition – in manchen Kulturen noch immer verbreitet sind.

Gedenkjahr 2018

Auch diese Anlässe sollen im heurigen Gedenkjahr bedacht werden: Menschenrechtsverträge als Einigungen der Staatengemeinschaft im Sinne von humanitären Werten, die in die Sprache von Recht und Politik übersetzt wurden. Die Wiederholung der Gräuel des Weltkriegs sollte verhindert werden! Unter Einbeziehung von Regierungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen aus allen Kulturen wurden sie für die aktuellen Problemstellungen kontinuierlich weiterentwickelt.

Die Weltkonferenz 1993 erzeugte die Hoffnung, dass die Systemkonkurrenz überwunden werden und die großen globalen Herausforderungen von Armut, Klimawandel, Migration, und Diskriminierung gemeinsam bewältigt werden könnten.

Soziale Gerechtigkeit und Frauenrechte entstehen durch politische Programme und Gesetze, in denen Menschenrechte umgesetzt werden. Genau diesen Menschenrechtsansatz fordern wir in der Politik! Es braucht einen Paradigmenwechsel, der das Wohl der Menschen und die Bewahrung natürlicher Grundlagen in den Vordergrund stellt, damit auch die Menschenrechte kommender Generationen erfüllt werden können. Im Gegensatz dazu steht das herrschende neoliberale Paradigma bei dem es darum geht, Wirtschaftswachstum durch freien Handel zu erzielen. Wirtschaften in seiner ursprünglichen Bedeutung von „haushalten“ bedeutet aber: Umgehen, mit dem was vorhanden ist, damit es für alle reicht.

Buen vivir – Gutes Leben für alle

Das südamerikanische Konzept des „Buen vivir“ beruht auf der Philosophie der indigenen Völker Südamerikas, welche die Instrumentalisierung der Natur als Ressource für die Wirtschaft verurteilt und ihr einen intrinsischen Wert zuspricht. „Buen vivir“ verfolgt ein Gleichgewicht mit der Natur, die Reduktion von sozialer Ungleichheit und eine solidarische Wirtschaft mit Rücksicht auf lokale Gemeinschaften. Durch zivilgesellschaftliche Organisationen haben auch benachteiligte Gruppen eine Stimme in den westlichen Demokratien um ihre Menschenrechte und ihre Lebensräume zu verteidigen.

Haushalten, das ist auch das Thema von Schöpfungsverantwortung, die Erde als Lebensraum für alle Menschen und für zukünftige Generationen zu bewahren – das ist auch ein christlicher Wert.

Maga. Lisa Sterzinger
Vorstandsmitglied von FIAN Österreich

www.fian.at
FIAN oder FIAN International, das FoodFirst Informations- und Aktions-Netzwerk, setzt sich als internationale Menschenrechtsorganisation dafür ein, dass alle Menschen frei von Hunger leben und sich selbst ernähren können.

Lieselotte Wohlgenannt: Arbeitslosenversicherung – wohin geht unsere Gesellschaft?

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Zusammenhalt oder Spaltung?

Ankündigungen, Halbinformationen, Diskussionen: die angekündigten Reformen und Gesetzesvorhaben der neuen türkis-schwarzen Regierung stehen im Zentrum der aktuellen Berichterstattung der Medien. Dabei geht es um Steuerpolitik, Asylwerber, Krankenkassen, und noch einiges mehr. Am meisten diskutiert werden jedoch derzeit eine geplante Neuordnung der Arbeitslosenversicherung, und die Einführung eines Kinderbonus für Familien.

Arbeitslosigkeit

Wesentliche Veränderungen für den Bezug des Arbeitslosengeldes sind geplant, doch wenig ist bisher bekannt. Die Bezugszeiten könnten an die Dauer vorhergehender Beschäftigung gebunden werden, auch die Höhe könnte sich ändern. Sicher scheint, dass die Notstandshilfe, die bisher an das Ende des Arbeitslosengeldbezugs anschloss und in der Dauer nicht begrenzt war, wegfallen soll. Wer keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld hat, soll auf die Mindestsicherung angewiesen sein, die im Kern noch immer die alte Armenfürsorge der Länder ist (die sich natürlich gegen diese Zuweisung wehren). Wer eigenes Vermögen besitzt, muss dieses mehr oder weniger verbrauchen, bevor Sozialhilfe bezogen werden kann.

Dies könnte einerseits jüngere Menschen treffen, die noch keine stabile Arbeitssituation gefunden haben und zwischen kurzen Engagements und Zeiten der Suche noch wenig Anspruchsberechtigung für den Bezug von Arbeitslosengeld erworben haben. Und es trifft ältere Langzeitarbeitslose mit geringerer Qualifikation oder geringfügigen Einschränkungen, etwa gesundheitlicher Art. Aber  nicht nur sie,  selbst Hochqualifizierte, die aus irgendeinem Grund den Arbeitsplatz verloren haben, finden als Über-Fünfzigjährige schwer eine neue Anstellung. Dieser Altersgruppe sollte die Aktion 20.000 zugutekommen, die inzwischen gestrichen wurde.

Wie auch immer die Regelung letztlich aussehen wird, ob Langzeitarbeitslose auf das eigene Vermögen angewiesen sein werden, bleibt offen. Dass sie darüber hinaus öffentlich als Drückeberger und Schmarotzer dargestellt werden, die nicht gewillt sind, angebotene Arbeitsplätze anzunehmen, ist ungerechtfertigt und menschenfeindlich. „Wer sich ein Leben lang durchgeschummelt hat“ soll nicht unterstützt werden – so kürzlich die öffentliche Aussage eines  Politikers!

Schlimm genug, ohne Erwerbsarbeit zu sein – doch wohin geht unsere Gesellschaft, wenn die Erwerbslosen öffentlich als Faulpelze und Schwindler denunziert und ausgegrenzt werden?

Familienförderung

Familien sind das Fundament jeder Gesellschaft. Dass Kinder in guten Verhältnissen aufwachsen können, ist deshalb ein wesentliches Ziel staatlicher Politik. Deshalb soll es ab 2019 einen Familienbonus, d.h. eine jährliche Gutschrift von 1500 Euro pro Kind bis zum Alter von 18 Jahren geben. Dies setzt allerdings voraus, dass Eltern so viel verdienen und so viel Steuern zahlen, dass sie diesen Betrag abziehen können. Bei einem Kind ist dies ab einem Brutto-Monatsverdienst von ca. 2000 Euro der Fall. Im Gegenzug sollen bisherige Absetzbeträge und andere Abschreibmöglichkeiten  von Kinderkosten gestrichen werden. Weil damit viele Familien von Alleinerziehenden ausgeschlossen werden, weil sie zu wenig verdienen und nicht genug Steuer bezahlen, um den Bonus nutzen zu können, soll es für diese Gruppe erhöhte, auszahlbare Absetzbeträge geben.

Dass damit – jedenfalls im österreichischen Steuerrecht – Kinder nicht mehr gleich viel wert sind, führte unmittelbar zur Kritik. Wenn dann die Antworten hochrangiger Politiker lauten: man wolle „keine Förderprogramme für große Zuwandererfamilien“, es gehe darum, „österreichische Familien“ zu entlasten, zeigt sich damit nicht nur gezielte Diskriminierung, sondern auch eine öffentliche Abwertung von Teilen der Bevölkerung. Es sind Menschen, die zu unserer Gesellschaft gehören, und denen nun eine diffuse Art von Schuld angelastet, eine geringere Würde zuerkannt wird.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Gutes Zusammenleben in einer Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn alle Gruppen, alle Bürgerinnen und Bürger friedlich und respektvoll miteinander umgehen. Für ein entsprechendes Klima zu sorgen, ist nicht zuletzt Aufgabe der Politik.

Ob  es sinnvoll und zielführend ist, Familien, die aufgrund ihrer Erwerbssituation entsprechend Steuern zahlen, einen Teil dieser Steuern in Form des Familienbonus zurückzugeben, ist eine Frage, die anderswo zu erörtern wäre. Auch geht es hier nicht darum zu beurteilen, ob strengere Regeln und die Streichung der Notstandshilfe die Arbeitslosenquote senken können.

Wenn jedoch verantwortliche Politiker ihre, zumindest tendenziell diskriminierenden  Gesetzesvorhaben mit Verdächtigungen und Abwertungen ganzer gesellschaftlicher Gruppen öffentlich vertreten, wird damit bewusst eine Spaltung der Gesellschaft gefördert, die den sozialen Zusammenhalt mehr und mehr gefährdet.

Drin Lieselotte Wohlgenannt
freie Mitarbeiterin der ksoe im Themenfeld Soziale Gerechtigkeit

www.ksoe.at

2018-01-15

Karl Immervoll kritisiert „Aktion 20.000“-Stopp

Der langjährige niederösterreichische Betriebsseelsorger Karl Immervoll hat sich enttäuscht gezeigt, dass die Bundesregierung die „Aktion 20.000“ für ältere Arbeitssuchende beendet.
Der Papst-Leo-Preisträger, der für seine vielen Sozialinitiativen im strukturschwachen Waldviertel bekannt ist, bezeichnete die Aktion als „echte Hilfe für ältere Arbeitssuchende“. Denn auch wenn die Wirtschaftsdaten derzeit positiv seien, habe es diese Gruppe „total schwer Arbeit zu finden“. Betriebe würden Arbeitnehmer über 50 Jahren eher abbauen als sie einzustellen, vor allem, wenn sie schon längere Zeit ohne Job waren.

Verlust wertvoller Zeit

Ob es wirklich 20.000 neue Jobs geworden geworden wären, sei dahingestellt, meinte Immervoll am Mittwoch gegenüber Kathpress. Der Hinweis auf den bisher schleppenden Verlauf zähle nicht, denn das beziehe sich auf einzelne Modellregionen: „Bei uns ist die Aktion noch gar nicht angelaufen, das wäre erst ab 1. Jänner gewesen.“ Die mit 30. Juni 2019 befristete Maßnahme auszusetzen, bedeutet nach den Worten des Betriebsseelsorgers jedenfalls, dass wertvolle Zeit vergeht, bis wieder eine Entscheidung fällt.

Die „Aktion 20.000“ wäre aus Immervolls Sicht auch nachhaltig gewesen. Jeder Arbeitssuchende sei froh um jeden Monat Anstellung und damit Pensionsversicherungszeit. Weiters bedeute Arbeit zu haben auch Kontakt und Teilhabe an der Gesellschaft, Arbeitslosigkeit dagegen stehe für „weg vom Fenster“.

„Wurde nicht diskutiert“

Außerdem: Einen neuen Arbeitsplatz zu finden sei von einer Beschäftigung aus leichter als aus der Arbeitslosigkeit, so Immervoll. Da auch Arbeitsstellen im Bereich der Gemeinnützigkeit angedacht waren, wäre dadurch wichtige gesellschaftliche Arbeit entstanden. Immervoll kritisierte auch die Vorgehensweise der Regierung bei der Aussetzung der Aktion: „Über diesen Schritt wurde nicht diskutiert – nicht im Parlament, nicht mit Experten, nicht einmal im Ministerrat.“

religion.ORF.at/KAP

Sternsingeraktion: Weihnachtsbotschaft und solidarischer Sozialstaat gehören zusammen

Sternsingerinnen und Sternsinger bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg.

Das neue Jahr begann auch heuer mit einer „Tour“ der Nächstenliebe. 85.000 Sternsingerinnen und Sternsinger waren in ganz Österreich unterwegs. Sie erbitten den Segen für jedes Haus und werden so auch zum Segen für arm gemachte Menschen in den benachteiligsten Regionen unseres Planeten. Durch die Botschaft von der Geburt Christi und dem solidarischen Engagement trägt das Sternsingen auch eine höchst aktuelle Botschaft in sich. Diese wurde bei zahlreichen Besuchen den Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Politik überbracht:

 

von links. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (V) mit den Sternsingern, rechts im Bild der Geschäftsführer der Dreikönigsaktion Jakob Wieser

Sehr geehrte Damen und Herren,

es freut uns, dass Sie die Heiligen Könige empfangen. Herzlichen Dank für die freundliche Einladung. Die Sternsingergruppe bringt Ihnen persönlich den Segen für das kommende Jahr. Möge das Jahr 2018 viel Freude und Frieden für Sie, Ihre Familie und all Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereithalten.

Das Jahr 2018 soll aber auch für ganz Österreich ein gutes Jahr sein. Wir wünschen uns gegenseitigen Respekt, ein friedliches Zusammenleben und Wohlergehen für alle Menschen, die hier im Land leben – ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Glaubens und ihrer sozialen Lage. Sie in Ihrer Funktion spielen hierbei eine wichtige Rolle.

85.000 Kinder gehen heuer wieder in ganz Österreich zum Jahreswechsel Sternsingen. 30.000 Jugendliche und Erwachsene unterstützen sie dabei. Unser Ziel ist es, zu einer gerechten Welt beizutragen. Mit den Spenden der österreichischen Bevölkerung unterstützen wir Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika. 17,1 Millionen Euro wurden im Vorjahr gesammelt. Mit dieser gewaltigen Summe kann die Dreikönigsaktion, das Hilfswerk der Katholischen Jungschar, jährlich rund 500 Hilfsprojekte unterstützen.

Sternsingen bedeutet, die Botschaft vom Frieden für alle Menschen dieser Welt zu verbreiten. Die Sternsinger-Kinder  leisten einen wertvollen Beitrag zu einer gerechten Welt ohne Armut und Ausbeutung.

Sternsingen bedeutet auch die Botschaft von Jesus Christus zu hören. Er beruft uns immer wieder zur Umkehr damit wir seinem Vorbild, der ungeteilten Nächstenliebe, auch besonders für die Armen, Schwachen und Fremden, gerecht werden können. Eine engagierte Entwicklungspolitik ist hier ein wertvoller Baustein, ebenso wie ein solidarischer Sozialstaat, der soziale Risiken nicht privatisiert (Sozialwort)1). Nur wenn wir allen Menschen auf Augenhöhe begegnen, können wir gemeinsam eine friedlichere Welt den nächsten Generationen hinterlassen.

Wir hoffen, dass in diesem Sinne ein Dialog möglich ist und wünschen ein gutes neues Jahr.

Christina Pfister – Vorsitzende der Kath. Jungschar Österreich
Sigrid Kickingereder – Bundesgeschäftsführerin der Kath. Jungschar Österreich
Jakob Wieser – Geschäftsführer der Dreikönigsaktion, dem Hilfswerk der Kath. Jungschar

1) je nach Adressat/in wurde dieser Punkt angepasst, zum Beispiel:

  • Für eine österreichische Entwicklungszusammenarbeit, die Armutsbekämpfung als oberste Priorität verfolgt.
  • Für faire Wirtschaftspolitik und Handelsabkommen mit den Länden des globalen Südens.
  • Insgesamt hat sich ja die internationale Staatengemeinschaft, und damit auch Österreich, mit den „Zielen für nachhaltige Entwicklung“ viel Positives vorgenommen. Es erscheint uns unabdingbar, eine konsequente Strategie zur Umsetzung der Sustainable Development Goals zu verfolgen.

Dreikönigsaktion
Hilfswerk der Katholischen Jungschar
Wilhelminenstraße 91/II f
1160 Wien
http://www.dka.at

Christlichgehtanders#DasSpiel

Großes Interesse für Christlichgehtanders#DasSpiel

Entwicklerin Anni Van den Nest: „Spiel soll Raum geben für die gemeinsame Suche nach solidarisch christlichen Antworten auf soziale Fragen und einander stärken in der Umsetzung“

Aktuelle Themen aus dem Sozial- und Wirtschaftsbereich diskutierten die rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Sorge und großem Interesse bei einem gesellschaftspolitischen Spieleabend am 8. Jänner 2018 auf Stephansplatz 6 im Zentrum des Apostolates, zu dem die Initiative “Christlich geht anders – Solidarische Antworten auf die soziale Frage” und die kfb Wien eingeladen hatten.

Spieldurchführung bot viele Einsichten

„Christliche Werte müssen sich immer an Jesus orientieren, unsere Aufgabe ist immer die Übersetzung und Umsetzung seines Weges in unserer Zeit. Dieses Spiel soll Raum geben für die gemeinsame Suche nach solidarischen, nach christlichen Antworten auf soziale Fragen, einander stärken in der Umsetzung auch gegen den öffentlichen Trend, den Raum für Vorurteile, Egoismus, Verschwörungstheorien, alternative Wahrheiten, für unchristliches reduzieren“, sagte Anni Van den Nest, die Spieleentwicklerin und kfb-Diözesansekretärin bei der Vorstellung des neuen Spiels. „Gewinnen kann man bei diesem Spiel im gemeinsamen Reden und sich Bestärken“, fügte sie dazu.
Sehr engagiert wurde dann von den 75 MitspielerInnen in drei Spielgruppen über Solidarität, Steuergerechtigkeit, das Schüren von Ängsten, sogenannte “Alternative Facts”, die Lockerung des ArbeitnehmerInnen-Schutzes diskutiert und die Senkung der sozialen Mindestsicherung in Frage gestellt. So erzählte eine Frau von Ihrer Erbschaftssteuererfahrung, die eine Wohnungsübernahme fast verunmöglicht hätte. Eine Finanzbeamtin berichtete, sie habe in ihrer Ausbildung zwei Wochen hindurch Obdachlose täglich begleitet, um in die Lebenssituation dieser Menschen einen entsprechenden Einblick zu erhalten. ExpertInnen und Experten wie der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister, der Gewerkschafter und KABÖ-Präsident Philipp Kuhlmann oder Traude Novy, die Vorsitzende des „Joan Robinson Verein zur Förderung frauengerechter Verteilung ökonomischen Wissens“ waren an dem Spiel genauso beteiligt wie zahlreiche berufstätige ArbeiterInnen und Angestellte oder eine Politikerin und PensionistInnen.

Aufgelockert wurde das Gespräch immer wieder durch „Aktionskarten“, wo positive Begriffe wie z.B. „Fürsorge“, „ Sozialstaat“ oder „Solidarität“  pantomimisch oder mit anderen zu erraten waren, „Märchenstunden“ oder durch das Kennenlernen von alternativen „So kann es auch gehen“ Modellen. Dadurch gelang es den MitspielerInnen und Mitspielern sehr gut in einen konkreten Erfahrungsaustausch einzutreten, der gleichzeitig reale Lebensgrenzen und -nöte von Menschen sichtbar werden ließ.

Auch Fotografen, Zeitungs- und Radio JournalistInnen nahmen an dem Spieleabend mit großem Interesse teil, was zu einem sehr informativen Religion aktuell Beitrag am 9.1. auf Ö1 um 18:55 Uhr führte. „Heute erstmals das Spiel #christlichgehtanders hier in #Vienna mitgespielt. Bringt Austausch, regt Synapsen an und bringt Fakten auf den Tisch“, postete Ferdinand Kaineder von den Ordensgemeinschaften. „Weil wir als Zivilgesellschaft gegensteuern müssen. Es darf keinen sozialen Kahlschlag geben und Wirtschaft muss wieder im Sinn von „Haushalten“ verstanden werden! Vor allem brauchen wir Antworten und „Zurechtrückungen“ für die junge Generation“, schrieb die FIAN Mitarbeiterin Lisa Sterzinger. „Es war eine bereichernde Diskussion, an der sich viele ganz unterschiedliche Menschen beteiligt haben. Danke den Veranstalterinnen!“, kam von der grünen Landtagsabgeordneten im Burgenland Regina Petrik. „Ja, vielen Dank, es war spannend, bei Gott nicht immer harmonisch! Ich freu mich darauf, dieses Spiel in meiner Gemeinde anbieten zu können“ resümierte die Evangelische Theologin Barbara Rauchwarter.

Die bei der konkreten Spieldurchführung gewonnenen Einsichten werden nun in die Fertigstellung eingearbeitet, womit das Spiel in seiner Endfassung dann im März vorliegen soll. „Organisieren Sie einen Spieleabend, Diskussionsnachmittag, ein Frühstück mit Gespräch… in Ihrer Pfarre, in Ihrer Gemeinde…  wir unterstützen Sie gerne dabei“, schloss Anni Van den Nest und empfahl die Verbreitung des Spiels. Sowohl VertreterInnen der “Christlich geht anders”-Initiative als auch kfb-Mitarbeiterinnen sind dann gerne bereit als SpielleiterInnen zu Gruppen und Runden zu kommen, wurde angeboten.

Nähere Informationen dazu gibt es bei Mag.a Gabriele Kienesberger, Koordinatorin der Initiative „Christlich geht anders“, Tel. 0650-4005751, g.kienesberger@edw.or.at, oder bei Anni Van den Nest, kfb der Erzdiözese Wien, Tel: 01/51552/3341 a.vandennest@edw.or.at

Franz Vock

 

 

Idee und Konzeption von „Christlichgehtanders#DasSpiel“:

 Anni van den Nest, kfb Wien

 

Fotocredit: Franz Vock

 

 

Edwin Matt: Christlich geht anders, weil …

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… uns die Auseinandersetzung mit dem Anderen, den Armen, dem Fremden und dem Wandel nie erspart bleibt.

Diese Auseinandersetzung zuzulassen und zu leben, ist christlich. Das Aussätzigen-Hilfswerk Österreich arbeitet für Gesundheit in der Einen Welt. Wir unterstützen die Initiative christlich geht anders, weil ein besseres Verständnis komplexer und auch globaler Zusammenhänge hilft, vereinfachende Lösungsversprechen zu enttarnen.

Gerechtigkeit braucht engagierte Debatten, Ambiguitätstoleranz und das ständige Ringen um bestmöglich verhandelte Kompromisse. Die Veränderungen in der Welt erfordern die Bereitschaft, sich berühren zu lassen und Veränderung zu gestalten.

Pfarrer Edwin Matt
Kuratoriumsvorsitzender Aussätzigen-Hilfswerk Österreich

www.aussaetzigen-hilfswerk.at

Kath. Frauenbewegung: „Steuersenkung kein Instrument der Sozialpolitik“

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Die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) und mit ihr das Bündnis „Christlich geht anders“ kritisieren das Vorhaben der neuen Regierung, Geringverdiener mit steuerlichen Maßnahmen zu entlasten. „Steuersenkung ist kein Instrument der Sozialpolitik“, denn außen vor bleibe dabei jenes Drittel der Einkommensbezieher, das zu gering verdiene, um überhaupt Steuern zu zahlen, so Wirtschaftsforscher und Unterstützer von „Christlich geht anders“ Stephan Schulmeister in einer kfbö-Aussendung am Freitag, 5. Jänner 2018. Diese „Fundamentalproblematik“, Sozialpolitik via Steuersenkung betreiben zu wollen, durchziehe das ganze Regierungsprogramm. Diverse Maßnahmen trügen dazu bei, Ungleichheit zu verstärken statt zu verringern.

Probleme sieht Schulmeister etwa beim „Kinderbonus“, der bei einem Drittel der Einkommensbezieher gar nicht, bei einem Drittel teilweise, und nur beim Drittel der am besten Verdienenden voll schlagend werde. Kritik übt der Wirtschaftsexperte auch an der angekündigten Entlastung bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, die bei rund 35 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen nicht ankäme, „weil sie aufgrund zu geringer Einkommen keine derartigen Beiträge leisten“. Das treffe insbesondere Frauen, die stark in Niedriglohnbranchen vertreten seien und eine hohe Teilzeitrate aufwiesen, so auch kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner.

Insbesondere Frauen negativ betroffen

Mit Ausnahme der Einführung von Frauenquoten in Aufsichtsräten vermisst Pernsteiner konkrete frauenpolitische Maßnahmen im Regierungsprogramm. Notwendig, so die kfbö-Vorsitzende, seien grundlegende Reformen hin zu einer geschlechtergerechten Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit, die Männern wie Frauen existenzsichernde Einkommen als auch Chancen auf ein Leben für und mit Familie sicheren.

Wie Arme „doppelt verlieren“ zeige laut Pernsteiner und Schulmeister auch die Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder von in Österreich erwerbstätigen Personen. „Um etwa Steuersenkungen, von denen Arme nichts haben, zu finanzieren, wird gespart, wo ohnehin schon wenig ist, etwa bei den rund 60.000 in Österreich als Scheinselbstständige tätigen Pflegerinnen im 24-Stunden-Dienst.“ Was es brauche, seien keine Kürzungen auf dem Rücken dieser Frauen, sondern vielmehr Investitionen in den Pflegesektor und genügend, ausreichend bezahlte Pflegekräfte, um die notwendige Versorgung von Pflegebedürftigen zu sichern.

Falsche, auf dem Rücken von Frauen ausgetragene Sparmaßnahmen ortet die kfbö gegenwärtig auch in Oberösterreich, wo die Landesregierung kurz vor Weihnachten drei Fraueninitiativen die Förderung gänzlich gestrichen habe. Betroffen seien davon Künstlerinnen und wohnungslose Frauen, aber auch etwa die Beratungs- und Bildungsinitiative Maiz, die sich für und mit Migrantinnen engagiert, so Pernsteiner.

Pernsteiner fordert Sozialpolitik mit Augenmaß

Die kfbö-Vorsitzende spricht sich für eine Sozialpolitik mit Augenmaß und im Sinne des Auftrags des Evangeliums aus. Das berühre insbesondere den Umgang mit Flüchtlingen. Die Kürzung der Mindestsicherung sei ebenso abzulehnen wie die fortgesetzte Sündenbockstrategie, Flüchtlinge für sozialstaatliche und andere Defizite verantwortlich zu machen. Hetzte und Hass in der politischen, öffentlichen und insbesondere medialen Diskussion sei entschieden entgegenzutreten.

Kritisch betrachtet Pernsteiner auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie die Ausdehnung der Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden. Das sei ein „Rückschritt auf dem Weg zur Gleichstellung von Mann und Frau“, weil dadurch die Rolle von Frauen als Zuverdienerinnen verfestigt und deren Chancen auf dem Erwerbsarbeitsmarkt verringert würden.

Einladung zu „gesellschaftspolitischem Spieleabend“

Wie zu einem konstruktiven, kreativen öffentlichen Diskurs zu Fragen von Menschenwürde und gerechter Verteilung angeregt werden kann, will die kfb Wien am 8. Jänner anhand eines öffentlich zugänglichen „gesellschaftspolitischen Spiele-Abends“ zeigen. Gemeinsam mit dem Bündnis „Christlich geht anders“ lädt die kfb Wien zur Präsentation eines eigens entwickelten Spiels, das soziale Themen in Gruppen und Runden kreativ zur Diskussion stellt und dazu anregt, gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln. Das Spielformat eignet sich für Pfarren, Gemeinden und interessierte Gruppen jeder Art.

Als Gesprächspartner werden am 8. Jänner VertreterInnen des Bündnis „Christlich geht anders“ zur Verfügung stehen, u.a. die Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs Magdalena Holztrattner, der Präsident der Katholischen Aktion Wien Walter Rijs, der Generalsekretär der Ordensgemeinschaften Franz Helm, der Vorsitzende der Katholischen ArbeitnehmerInnen-Bewegung Österreichs Philipp Kuhlmann und der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister. Der Spieleabend findet in der Zeit von 18 bis 20:30 Uhr in den Räumen der Katholischen Aktion Wien am Stephansplatz 6, im 6. Stock statt.