Franz Helm: Nein zu einer einseitigen Rezeption der Amazonien-Synode

Als Geistlicher Assistent der KFBÖ protestiere ich gegen die derzeitige Engführung bei der Rezeption der Amazoniensynode in Österreich. Statt den Schrei nach Leben und Überleben zu hören und nach solidarischen Antworten zu suchen, die zur Rettung des einzigartigen Bioms beitragen, beherrscht fast ausschließlich das Thema „viri probati“ die Medien und auch die kirchliche Diskussion.

Wo ist eine Solidarisierung mit „Mutter Erde“, die in Amazonien und anderswo auf vielfältige Weise ausgebeutet und geschändet wird? Wo bleibt der Aufschrei darüber, dass ein selbsternannter österreichischer „Pro-Life-Aktivist“ während der Synode das Bildnis einer schwangeren indigenen Frau brutal in den Fluss geworfen hat? Diese schreckliche Tat steht für den rücksichtlosen, ja brutalen Umgang mit den indigenen Völkern, besonders mit den oftmals missbrauchten indigenen Frauen, und mit den bedrohten Lebewesen im Amazonasbecken und in vielen anderen Regionen der Welt.

Es scheint leichter zu sein, für noch mehr Männer in der katholischen Kirche Leitungspositionen zu sichern, als dass ernsthaft mit einer Veränderung des Lebensstils und dem dringend notwendigen Systemwandel begonnen wird. Dass Amazonien zerstört wird hat mit unserer westlichen Konsumgesellschaft zu tun, die hungrig nach Rohstoffen und Ackerland in anderen Kontinenten ist. Zum notwendigen Systemwandel gehört unbedingt auch eine vermehrte Beteiligung von Frauen an Leitungsverantwortung und ein gleichberechtigtes Mitgestalten und Mitentscheiden in der Gesellschaft und auch in der Kirche.

Denn die Gestaltungsmacht und die wirksame Präsenz der Katholischen Kirche vor Ort, in Amazonien und auch in Österreich, braucht alle Kräfte. Darüber hinaus leidet die Katholische Kirche massiv an einem Defizit an Glaubwürdigkeit, weil sie die gleiche Würde der Menschen zwar predigt, aber durch den systematischen Ausschluss der Frauen vom Weiheamt und von Leitungsfunktionen nicht die notwendigen praktischen Konsequenzen daraus zieht.

Aufgrund ihres pastoralen Engagements in Österreich und ihrer Projektarbeit im Rahmen der „Aktion Familienfastttag“ weiß die KFB um das großartige Potential von Frauen für die anstehenden Transformationsprozesse. Es ist unbegreiflich für mich, dass es trotz der so dringlichen Situation weiter ignoriert wird.

Ich hoffe so sehr, dass die Amazoniensynode zu einem Anstoß wird, mutige neue Wege der Anerkennung, der Beteiligung und der Übertragung von Leitungskompetenzen zu setzen. Diese neuen Wege setzen einen wertschätzenden Dialog ohne Denk- und Redeverbote und mit einem offenen Ausgang voraus, auf den sich Leitungsverantwortliche und VertreterInnen verschiedener Gruppierungen einlassen müssen.

Die Amazoniensynode ist ein dringender Weckruf zu einem gemeinsamen Einsatz aller für den Schutz des Gemeinsamen Hauses, für eine Verteidigung des bedrohten Lebens und für eine geschlechtergerechte Gesellschaft und Kirche. „Alles ist miteinander verbunden“, heißt es in „Laudato Si“ von Papst Franziskus. Es brauchte die Verbundenheit aller, damit es für alle Menschen und alle Lebewesen eine gute Zukunft geben kann auf dem Planeten Erde, den Gott uns anvertraut hat.

P. Dr. Franz Helm SVD, Geistlicher Assistent der KFBÖ

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