Redaktion

Markus Blümel: Solidarische Antworten zur gesellschaftlichen Polarisierung

Markus Blümel fordert die soziale Erneuerung der Herzen, des Denkens und der Politik

Katholische, evangelische und orthodoxe ChristInnen in Österreich haben unter dem Titel „Christlich geht anders. Solidarische Antworten auf die soziale Frage“ gemeinsam Stellung bezogen, insbesondere zur gesellschaftlichen Polarisierung und zu den bedrückendsten Problemen unserer Zeit, wie wachsende soziale Ungleichheit, steigende Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung, wachsende Armut und die Not geflüchteter Menschen.

Der Hintergrund: Besonders die neoliberale Politik der letzten Jahrzehnte hat einen Prozess in Gang gesetzt, der steigenden Reichtum einer kleinen Oberschicht und zunehmende Armut wie auch Unsicherheit in einem wachsenden Teil der Bevölkerung erzeugt. Er ruft Hoffnungslosigkeit und Wut hervor, gerade auch bei immer mehr Menschen, die sich um ihre Chancen und die ihrer Kinder gebracht fühlen und – oft auch zu Recht – finden, dass sie „zu kurz kommen“. Politische Parteien und Bewegungen des rechten bzw. rechtsextremen Spektrums sind im Vormarsch, welche diese Gefühle gezielt ansprechen und verstärken sowie Angst und Wut auf „Sündenböcke“ lenken: auf „die“ Flüchtlinge oder „die“ Muslime. Auch innerhalb anderer Parteien werden jene Kräfte stärker, welche die Lösung in der Anpassung an rechtsautoritäre Einstellungen und Praktiken suchen. Auf dem Spiel steht nichts weniger als der menschenrechtliche Grundkonsens (gleichzeitig ein zentraler christlicher Wert): Alle Menschen haben die gleiche Würde.

Missbrauch des Christlichen

Indes haben die letzten Wahlkämpfe gezeigt, dass christliche Werte und Symbole immer wieder für Parteipolitik missbraucht werden: Aus der christlichen Nächstenliebe werden gegenteilige Botschaften. Der Begriff „Christliches Abendland“ transportiert eine ablehnende Haltung gegenüber Muslimen. Aktuell nährt etwa der österreichische Außenminister alte Ressentiments gegenüber „den“ Türken, so sprach er jüngst im Radio von türkischen BürgerInnen als „Kulturfremden“, und streicht gleichzeitig in der Öffentlichkeit sein Christsein hervor. Verteidigungsminister Doskozil wiederum spricht in einer Nachrichtensendung nicht mehr von Flüchtlingen, also von Menschen und ihrer Not, sondern durchgängig nur mehr von „Zahlen“.

Polemik gegen die Schwachen

Die Verrohung der Sprache, verstärkte Konzentration auf nationale Sicherheitspolitik, auf Abschottung gegenüber den Menschen aus den Ländern des Südens, die Kürzung sozialstaatlicher Leistungen für arme und schutzbedürftige Menschen gehen einher mit einem sich aufheizenden Klima der Konkurrenz, der (gruppenspezifischen) Menschenfeindlichkeit und einer an (angeblichen!) „Sachzwängen“ ausgerichteten Politik. Wer in dieser Welt „nichts leistet“, „nichts eingezahlt“ hat, wer „unproduktiv“ ist, wird systematisch herabgewürdigt. In Politik gegossen bedeutet das die Kürzung der Mindestsicherung, „Null-Euro“-Jobs etc. Mit existenziellen Folgen nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für andere betroffene Gruppen wie etwa Menschen mit Behinderungen – angeblich, weil das die Gerechtigkeit so fordert. In Wirklichkeit werden Menschen und ihre Existenzen geopfert.

Der Initiative „Christlich geht anders. Solidarische Antworten auf die soziale Frage“ geht es darum, den „sozialen Grundwasserspiegel“ zu heben. Im Entstehen ist eine soziale Bewegung, die aus den christlichen Kirchen kommt, aber darüber hinausgehen soll, und deren Anliegen die soziale Erneuerung der Herzen, des Denkens und auch der Politik ist. Dies wird nicht friktionsfrei ablaufen. Ablenkungs- und Täuschungsmanöver von Seiten politischer Akteure werden die Auseinandersetzungen der nächsten Jahre bestimmen: zentrale humanitäre und christliche Werte werden im Wort geführt, faktisch laufend ausgehöhlt werden. Die „MacherInnen“ sitzen in den verschiedensten politischen Parteien, genauso wie es auch Verbündete quer durch die Parteien gibt. Auseinandersetzungen, wie jene um die Kürzung der Mindestsicherung, werden uns zunehmend beschäftigen.

Bündnis für mehr Gerechtigkeit

Gefragt ist eine wachsendes Bündnis engagierter BürgerInnen – gerade auch von ChristInnen – die auf solidarische Lösungen, einen aktiven Sozialstaat, gerechte Steuerpolitik und damit auf echte Lösungen für die soziale Frage von heute pochen, die Aufklärungsarbeit leisten und mit Entschiedenheit auf rote Linien im politischen Gespräch und in den politischen Entscheidungen aufmerksam machen.
Auch wenn nicht alle Lösungen schon zur Hand sind: es braucht den Dialog und den Willen, gemeinsam danach zu streben, dass ein gutes Leben für alle Realität wird. An den Voraussetzungen mangelt es nicht – allein in Österreich wird jährlich mehr gesellschaftlicher Reichtum erzeugt und vererbt als je zuvor.
Jetzt sind viele MutmacherInnen und WandlerInnen gefragt, die Teil dieser Initiative werden, beginnend an der Basis: u.a. in den (Pfarr-)Gemeinden, Dekanaten, in den zahlreichen (sozialen) Initiativen.

Markus Blümel, Politischer Erwachsenenbildner, Solidarökonom und Öffentlichkeitsarbeiter der ksoe; markus.bluemel@ksoe.at

Ferdinand Kaineder: Das geht anders

Vor ein paar Tagen hat mich der Film „Free Lunch Society“ mit dem Themenfeld Grundeinkommen ins Kino gezogen. „Arbeit ist unbezahlbar“ ist eine der wesentlichen Aussagen. Dass die USA vor Ronald Reagan kurz vor der Einführung des Grundeinkommens stand, war mir so nicht bewusst, obwohl mit das Thema seit 1978 immer wieder beschäftigt. Die soziale Lage in den USA war so dramatisch, dass dies der einzige Ausweg schien. Aber dann schlug der Neoliberalismus zu mit seinen „privatisierten sozialen Programmen, die für wenige ein wunderbares Geschäft wurden“. Wir kennen die weltweite Entwicklung seither. Der Staat wurde zum Konzern umgemodelt, der Sozialstaat als Last dargestellt. Tragende soziale Netze werden seit dem desavouiert. Sozialschmarotzer wurden erfunden. Der Zusammenhalt bestand in der Ausgrenzung der Armen, der Marginalisierten, der Prekären. Nur das, was selbst im „Sozialen“ Profit abwirft, wird weiterentwickelt. Selbst Sozialeinrichtungen sind als Firmen an der Börse zu finden. Am Markt. Der Staat wurde zum Wedel der Großkonzerne entwickelt, Lobbying und Think Tanks steuern die Politik. In Österreich wird die Mindestsicherung gekürzt und die reichen Eliten werden still und heimlich um ein vielfaches reicher. Täglich. Stündlich.

Christlich geht anders

Selbst christlich-soziale sowie sozial-demokratische Parteien schütteln ohne mit der Wimper zu zucken ihre so entscheidenden Adjektive ab: sozial – christlich – demokratisch. Erfolgreiche Siegerstraßen sind die einzigen Fortbewegungsflächen geworden. Leid, Not oder Fragmentarisches riecht nicht gut. Kommt daher nicht mehr vor. Da heißt es dagegen halten. Der Sozialstaat ist die Basis für die Zukunft. Erfolge und Leid dürfen nicht getrennt werden. Weder individuell und schon gar nicht als Gemeinwesen. Daher gibt es die Initiative „christlich geht anders„. Es sind diese Ansagen, die heute Kraft für Morgen bekommen sollen, ja müssen: (siehe Statement Christlich geht anders)

Ferdinand Kaineder, http://www.kaineder.at/wordpress/das-geht-anders/

Regina Polak: Frauen sind „Treiberinnen“ einer solidarischen Weltordnung

Feier in der Salzburger Basilika Maria Plain. Festrednerin Polak: Frauen sind „Treiberinnen“ einer solidarischen Weltordnung

Salzburg, 13.05.2017 (KAP) Mit einem Gottesdienst und einem Festakt in der Salzburger Basilika Maria Plain feierte die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) am Freitag ihr 70-jähriges Bestehen. „Mystik und Widerstand“ postulierte die Pastoraltheologin Regina Polak in ihrer Festrede vor rund 200 Festgästen aus Politik, Kirchen und Frauenverbänden angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen und eines wachsenden Autoritarismus als „Aufgabe der Stunde“. Frauen seien „Treiberinnen“ einer solidarischen Weltordnung. „Mischen wir uns immer nachdrücklicher ein, in einer Zeit, in der Armut und Ausgrenzung die Welt und Europa entzweien, Rechtspopulisten Auftrieb erhalten und Frauen einmal mehr betroffen sind, wenn sich Ängste und Hass Ventile suchen“, erklärte auch kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner, die aktuelle Spitzenvertreterin der mit 150.000 Mitgliedern größten Laienorganisation des Landes.

Das Engagement der Frauenbewegung erfolge „aus der Überzeugung unseres Glaubens heraus, dass uns das Reich Gottes, dieses andere Modell des Miteinanders von Menschen in sozialer Gerechtigkeit, zugesagt ist“, hob Pernsteiner im Beisein prominenter Gratulanten, unter ihnen die Bischöfe Franz Lackner, Wilhelm Krautwaschl und Maximilian Aichern, die Präsidentin der Katholischen Aktion, Gerda Schaffelhofer oder die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs, Sr. Beatrix Mayrhofer, hervor. Diesem Gedanken sei auch das Motto des Festes „Frauen.Leben.Stärken“ verpflichtet, zum dem die Katholische Frauenbewegung in den kommenden beiden Jahren schwerpunktmäßig arbeiten werde, sagte Pernsteiner.

Die kfbö-Vorsitzende nannte in ihrer Rede unter anderen die evangelische Theologin Dorothee Sölle als eine der „Begleiterinnen, Mutmacherinnen, Herausfordererinnen“ der Frauenbewegung. „‚Da kann man nichts machen, ist ein gottloser Satz“, zitierte Pernsteiner Sölle: „So klein und kompakt hat Dorothee Söllle die große Erkenntnis von der Verquickung von Mystik und Politik verpackt.“ Frauen, die im Alltag aus dem Glauben an das Reich Gottes lebten, „Flüchtlinge begleiten oder vor einem Landtag gegen Demokratieabbau und rechtes Gedankengut auftreten“, gehörten ebenso dazu, wie die Heilige Katharina von Siena, die die Katholische Frauenbewegung 2014 zur Patronin und Wegbegleiterin erwählt hat – eine Frau, die, so Pernsteiner, „geradezu dazu befähigt, sich angstfreier und nicht korrumpierbar einzumischen in die Verhältnisse, wie sie sind“.

Spiritualität wird politisch
Festrednerin Polak nahm das „weltweite Erstarken autoritärer, aggressiver, hegemonialer, patriarchal formatierter Macht“ in den Blick. Dieses fordere zu Widerstand politischer Einmischung auf Basis einer christlichen Sozialethik heraus. „Ich wünsche der Katholischen Frauenbewegung den Mut, ihren Weg in diesem Sinne weiterzugehen, aus einer christlichen Spiritualität heraus, die Beziehung meint“, sagte die an der Universität Wien lehrende Theologin. Spiritualität als „eine Art Liebe“ werde politisch, wenn sie Menschen versöhne, Formen und Strukturen von Fremdherrschaft und Unterdrückung, Heuchelei und Lüge aufdecke, Narzissmen, Selbstzufriedenheit und Abgeschlossenheit unterbreche.

Frauen hätten sich angesichts eines weltweit wachsenden Autoritarismus auf Ebene der Zivilgesellschaft als „Treiberinnen“ einer neuen, sozial gerechten Weltordnung in biblischem Sinne bewiesen, betonte Polak; sie spielten eine „Schlüsselrolle“, wo es um alternative Lebensstile, neue Ökonomien, neue politische Ordnungssysteme im Sinne sozialer Gerechtigkeit gehe.

Christliche Spiritualität, die darauf ziele, sich für gesellschaftliche Rahmenbedingungen einzusetzen, in denen die Würde des Menschen geachtet und Menschen nicht bloß als „Humanfaktoren im Wirtschafts-, Freizeit- und Konsumgetriebe“ verstanden würden, sowie die politische Teilhabe aller voranzutreiben, sei „das Gegengift“ gegen Versuchungen, die aktuellen Probleme mit autoritärer Gewalt zu lösen, hob Polak hervor. Die Katholische Frauenbewegung habe „jede Menge Erfahrung“ mit dieser Spiritualität: „Mit dem Engagement gegen Gewalt gegen Frauen und für ihre Gleichbehandlung in Kirche und Gesellschaft, für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, eine geschlechtergerechte Arbeitsmarkt- und Budgetpolitik sowie Verteilungsgerechtigkeit im nationalen wie globalen Kontext, mit dem Praktizieren von Frauenliturgien, Spiritualitäts- und Gebetsformen, in denen auch die Welt Thema ist, ihrem Einsatz für die Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern“, sagte sie.

Helm: „Ihr seid Apostelinnen“
„Ihr seid Apostelinnen“, ermutigte Festprediger P. Franz Helm, geistlicher Assistent der kfbö und Generalsekretär der Superiorenkonferenz, die versammelten Frauen: „Ihr seid lebendige Steine im Bau der Kirche, gebaut auf dem Fundament der Apostel und Apostelinnen.“ Auch weiterhin gelte es für die kfb-Frauen, einzutreten für „Inklusion, Gleichberechtigung und Solidarität mit den Ausgegrenzten“, für Partizipation und Vernetzung mit Gleichgesinnten in der Gesellschaft. „Ohne das Engagement der kfb-Frauen wäre das Wirken der Kirche als Werkzeug zur Verwirklichung des Reiches Gottes defizitär“, sagte Helm.

Der in der Österreichischen Bischofskonferenz als Referatsbischof für die Katholische Aktion verantwortliche Grazer Bischof Krautwaschl, forderte in seiner Grußbotschaft die kfbö dazu auf, im Sinne einer „ecclesia semper reformanda“ in Bewegung zu bleiben: „Bleibt dabei, Euch zu ändern“, appellierte er, „macht Euch auf – gehen wir miteinander.“

„Frauen können Gesellschaft verändern“
„Wir Frauen sind Schwestern – mit oder ohne Schleier oder Kopftuch. Gemeinsam tragen wir Verantwortung füreinander, für Kirche und Gesellschaft“, erklärte Frauenordens-Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer beim Festakt. „Wir sind eine starke Stimme“, ermutigte sie: „Frauen können Gesellschaft verändern.“

Eine weitere Grußbotschaft kam von Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner. Sie dankte der Katholischen Frauenbewegung „für ihren unermüdlichen Einsatz, Frauen in Österreich und der ganzen Welt eine starke Stimme zu geben“. Sich mit den Nöten von Menschen zu konfrontieren führe dazu, „dass man nicht zögert: man kämpft“, sagte Sabine Slawik vom Katholischen Deutschen Frauenbunds und der Europäischen Allianz Katholischer Frauenverbände „Andante“.

Zum Kreis der Festgäste zählten auch die ehemaligen Vorsitzenden der Katholischen Frauenbewegung Ingrid Klein, Margit Hauft und Barbara Haas. In einem Video in der kfbö-Reihe „angefragt“ berichten sie gemeinsam mit der gegenwärtigen Vorsitzenden über wesentliche „Augenblicke“ ihrer Amtszeit, geben „Rückblicke und Ausblicke“ (https://www.youtube.com/watch?v=9PDHX3X1UZs). Als „Markstein“ ihrer Zeit bezeichnet Ingrid Klein den Frauenkongress 1993. Die kfbö habe damals Leitlinien formuliert, die „einen Wandel der Frauenbewegung“ ausdrückten „hin zu einer Frauenbewegung, die ins Ende des 20. Jahrhunderts gepasst hat“. Sowohl Klein als auch Hauft erinnern sich in dem Video an die Widerständigkeit, die es gebraucht hat, Misstrauen der „Amtskirche“ entgegenzutreten: „So hat man mir etwa nahegelegt, zu einer anderen Glaubensgemeinschaft zu wechseln“, erinnert sich Hauft, die vom Jahr 2000 bis 2012 Vorsitzende der Frauenbewegung war. Die wachsende Herausforderung, Ehrenamt und Berufstätigkeit unter einen Hut zu bringen, thematisiert Barbara Haas (2012-2015), die die kfb-Frauen aufruft, „weiterhin laut den Mund aufzumachen“ und „immer Stellung zu beziehen, so schwierig das ist“.

Bischof Manfred Scheuer: Arbeit so gestalten, dass man gesund bleibt

Linzer Diözesanbischof kritisiert Trend zu Digitalisierung und „Industrie 4.0“ für Vernichtung von Arbeitsplätzen

Grundsätze für „gute Arbeit“ hat der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer am Dienstag als Gastredner vor der oberösterreichischen Arbeiterkammer skizziert. Gute Arbeit sei untrennbar verbunden mit Respekt, Anerkennung, Wertschätzung und Recht auf Mitbestimmung und sei eine „wichtige Voraussetzung für seelisches Wohlbefinden“, sagte der Bischof bei der Vollversammlung in Linz. Arbeit müsse jedoch so gestaltet werden, dass sie nicht krank mache, sondern dass vielmehr die Gesundheit erhalten bleibe.

Die Arbeit sei ein „Platzanweiser in der Gesellschaft“, da sie Sinn im Leben stifte und den Menschen einen „Rahmen“ gebe, erklärte Scheuer. Soziale Kontakte würden am Arbeitsplatz geknüpft und gepflegt, zudem dürfe man auch das Gefühl, gebraucht zu werden, nicht unterschätzen. Andererseits könnten aber belastende Arbeitsbedingungen wie ständiger Leistungsdruck und Schichtarbeit, Unsicherheit des Arbeitsplatzes, andauernde Überlastung, aber auch Unterforderung mit zu einer psychischen Erkrankung von Menschen beitragen.

Besondere Kritik äußerte der Bischof an jüngsten Entwicklungen, die unter den Schlagwörtern „Digitalisierung“ oder „Industrie 4.0“ zusammengefasst werden. Zunehmend würden Verkäuferinnen im Handel wegrationalisiert und durch Selbstbedienung und Expresskassen ersetzt. Das Online-Banking führe zu einem Stellenabbau bei Bankmitarbeitern, und immer mehr und immer qualifiziertere Jobs würden von Robotern, Datenverarbeitungsprogrammen und Smartphone-Apps übernommen. „Bringt die technische Revolution Wohlstand für alle und gesteigerte Produktivität – oder geht uns die Arbeit aus, verschwinden ganze Berufszweige, ohne dass genügend neue Jobmöglichkeiten geschaffen werden?“, hinterfragte Scheuer.

Die Wirtschaft gelte es nachhaltig zu gestalten, mit dem Blick auf die kommenden Generationen als Aufgabe und Ziel, betonte der Linzer Bischof. „Es geht um das Gleichgewicht von monetären, sozialen und ökologischen Zielen. Die heutigen Ansprüche müssen erfüllt werden, ohne die Möglichkeiten der künftigen Generationen negativ zu beeinflussen.“ Bei jedem Handeln solle man „mit gutem Gewissen den Enkeln in die Augen schauen können“, was einen guten Umgang mit Rohstoffen, zwischen den Generationen und auch mit den Sozialsystemen erfordere. Die Sozialpartnerschaft – bei zur gemeinsamen Bewältigung der Herausforderungen Verbindendes über Trennendes gestellt werde – könne dabei auch künftig den wirtschaftlichen Erfolg und sozialen Frieden in Österreich sichern.

Quelle: kathpress

Evangelische Frauenarbeit setzt Zeichen gegen soziale Kälte

Mit der Kampagne „Christlich geht anders“ hat sich die Evangelische Frauenarbeit in Österreich (EFA) solidarisch erklärt. Der Beschluss zur „aktiven Unterstützung“ der Kampagne erfolgte einstimmig am Sonntag, 30. April, im Rahmen der Frühjahrskonferenz.

Mit dem Grundsatzstatement „Christlich geht anders. Solidarische Antworten auf die soziale Frage“ haben sich engagierte ChristInnen und VertreterInnen katholischer, evangelischer und orthodoxer Organisationen dazu entschlossen, zur aktuellen gesellschaftlichen Lage Stellung zu beziehen, insbesondere zu den bedrückendsten Problemen wie steigende Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, wachsende Armut und die Not geflüchteter Menschen. Die Unterzeichnenden verstehen ihr Statement als Zeichen gegen soziale Kälte und warnen vor „gesellschaftlicher Polarisierung durch wachsende Ungleichheit“.

Das neue EFA-Leitungsteam (v.l.): Roberta Zelenka, Gerti Rohrmoser, Brunhilde Kuprian, Erika Schwarz, Antje Baumgartner, Ute Kolck-Thudt, Dorothea Seiferth und Rosi Neubauer. (Foto: EFA)

Christian Haidinger: Christlich geht anders, weil …

Fachleute schätzen, dass ohne Sozialstaat über 40 Prozent der Menschen in Österreich armutsgefährdet wären – was wiederum bedeutet, dass die caritative Tätigkeit der Ordensgemeinschaften nur Ergänzung, kein Ersatz für den Sozialstaat sein kann. In dieser Zeit der wachsenden sozialen Ungleichheit und Unsicherheit müssen wir uns als Ordensgemeinschaften für solidarische Antworten auf die brennenden sozialen Fragen der Zeit einsetzen.

Abtpräses Christian Haidinger,
Vorsitzender der Superiorenkonferenz der männlichen Orden Österreichs

Magdalena Holztrattner: Christlich geht anders, weil …

Die Glaubwürdigkeit von Christinnen und Christen wird daran gemessen, wie sie mit den Armgemachten und Fremden umgehen. Die Qualität einer Gesellschaft bemisst sich daran, wie eine Gesellschaft mit ihren Schwächsten umgeht. Die Frage der Gerechtigkeit ist heute eine Frage der Zugangs- und Verteilungsgerechtigkeit.

Magdalena Holztrattner, Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs

www.ksoe.at

Elisabeth Mayer: Christlich geht anders, weil

Zukunftsangst ist bei vielen Menschen spürbar. Das Schüren von Ängsten und das Bestärken von Wutbürgertum bringen Stimmen. Die Flüchtlinge müssen für alles herhalten, was in der Gesellschaft nicht optimal läuft.

Es braucht nicht zu jedem politischen Tagesthema eine Stellungnahme, doch in wesentlichen Fragen braucht es diese Stimme. Oft reicht es, auf das auch von den Bischöfen approbierte ökumenische Sozialwort der Kirchen zu verweisen.

Elisabeth Mayer, Präsidentin Katholische Aktion Salzburg

Marcel Kneuer: Christlich geht anders, weil …

Menschen, die genug zum Leben haben, neiden Menschen, die gar nichts haben, ihr weniges Geld und wollen dass es noch weniger wird: Eine Familie, die viele Kinder hat soll auf einmal höchstens so viel Geld bekommen wie eine mit zwei Kindern.

Darum geht es bei der Debatte um die Mindestsicherung. Wenn wir uns am Evangelium orientieren, dann muss es unser erstes Ziel sein, dass alle Menschen genug zum Leben haben. Eben „das Mindeste“.

Orientieren wir uns nicht an dem, was die Medien oder andere Menschen sagen, sondern halten wir uns das Evangelium und viele Worte unseres Papstes Franziskus vor Augen und fragen wir uns, wie es christlich geht!

Marcel Kneuer, Katholische Aktion Wien

Veronika Pernsteiner: Christlich geht anders, weil …

Die Mindestsicherung hat 2014 nur 0,7 Prozent der gesamten Sozialausgaben in Österreich ausgemacht. Warum erwägen wir überhaupt eine Schmälerung der Ausgaben für die Ärmsten und sprechen nicht oder kaum mehr von einem höheren, gerechten Beitrag der Aller-Reichsten zur Solidargemeinschaft, z. B. auch von der Konzernbesteuerung?

Veronika Pernsteiner, Vorsitzende der Kath. Frauenbewegung Österreichs