2017 - Page 3

Angelika Ritter-Grepl: Christlich geht anders, weil …

… Gerechtigkeit, Friede und Freude … (Röm 14,17) die Vision eines Guten Lebens für alle bestimmen.

Gerechtigkeit muss immer wieder in lebendigen Diskussionsprozessen ausgehandelt werden, damit Friede und Freude werden können. ChristInnen mischen sich ein.

Wie verteilen wir die Ressourcen? Wie steht es mit der Chancengleichheit und den Gestaltungsmöglichkeiten der Menschen in unserem Land, die sich alle unterscheiden – durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht, einer Altersgruppe, einer ethnischen – migrantischen Gruppe oder als Frauen, Männer, als hetero- oder homosexuell Orientierte?

Christliche Barmherzigkeit als wichtige personale Eigenschaft und persönliche Grundlage des sozialen Handelns soll zum politischen Motor für die Sozialgesetzgebung werden. Barmherzigkeit ist der christliche Quellgrund der sozialen Gerechtigkeit. Die VerantwortungsträgerInnen für Gerechtigkeit sind wir selbst!

Mag.a Angelika Ritter-Grepl
Leiterin Frauenreferat
Diözese Innsbruck
Abteilung Familie und Lebensbegleitung

www.dibk.at

Leopold Wimmer: Christlich geht anders, weil …

Männer fühlen sich für ihre Familien und für die Politik verantwortlich. Als Christen gehen wir von der gleiche Würde aller Menschen aus. Daher setzen wir uns für eine solidarische Gesellschaft ein, die keinen Menschen ausgrenzt und für eine Politik, die zu einer gerechteren Verteilung der Güter beiträgt. Eine Politik, die die Schwachen durch ein Solidarsystem unterstützt und die Starken fordert, eine Politik, die die Ausbeutung von Menschen und Natur beendet. Unterstützen Sie die Aktion mit Ihrer Unterschrift!

DI Dr. Leopold Wimmer
Vorsitzender der Katholischen Männerbewegung Österreich

http://www.kmb.or.at

Hans Schelkshorn: Verteidigung des christlichen Abendlandes? Die Neue Rechte und das Christentum

 

Nur wenige Jahrzehnte nach dem Fall der Berliner Mauer steht in den Kernstaaten der westlichen Welt der demokratische Rechtsstaat in Frage. Der Wahlsieg von Donald Trump hat die republikanische Ordnung der USA erschüttert. In Europa sind neo-rechte Bewegungen zu einer ernsthaften Herausforderung für die etablierten Parteien und das Friedensprojekt der EU geworden. Trotz aller inhaltlichen Differenzen liegt neorechten Parteien eine gemeinsame ideologische Matrix zugrunde, deren Elemente bereits in früher Zeit von Alain de Benoist, dem Begründer der Nouvelle Droite in Frankreich, entwickelt worden sind. Die Neue Rechte muss sich nach de Benoit von zwei Dogmen des alten Faschismus befreien, nämlich der Option für eine gewaltsame Beseitigung der Demokratie und der Ideologie des biologischen Rassismus, der die Menschheit in Herrenrassen und Untermenschen unterteilt. Im Gegensatz zum Faschismus der 1930er Jahre strebt nach de Benoist die Neue Rechte eine radikale Reform der Demokratie an und ersetzt den alten Rassismus durch einen Ethnopluralismus. Die Welt ist nach de Benoist ein Pluriversum raumgebundener Ethnien und Kulturkreise, die in gleichberechtigter Koexistenz zueinander stehen. Das Ziel einer neorechten Politik ist nach de Benoist der Rückbau der menschenrechtlich fundierten, pluralen Demokratie in eine ethnische Bürgergemeinschaft nach dem Vorbild der athenischen Polis. Die Menschenrechte werden als ideologisches Produkt des Christentums und der Aufklärung zurückgewiesen. Die Staatsbürgerschaft beruht auf dem Abstammungsprinzip; der linken Berufung auf die Menschenrechte wird das „Recht auf Heimat“ entgegengehalten.

Obwohl die neorechte Ideologie auf einer völkischen, antichristlichen Ideologie aufbaut, sind in jüngerer Zeit zahlreiche Allianzen zwischen Christ(inn)en und rechts-populistischen Parteien entstanden. In Ungarn können wir derzeit sogar das Experiment eines völkischen Umbaus des Staates beobachten. Das Christentum wird mit der Nation verschmolzen: „Von dem Augenblick an, wo wir als Ungarn auf die Welt kommen, schließen unsere sieben Stämme“ – so Viktor Orbán – „den Blutbund, gründet unser heiliger Stephan den Staat.“ Die Menschenrechte sind nach Orbán bloß nette, aber letztlich zweitrangige Themen, der Kosmopolitismus eine liberale Ideologie. Die christliche Verbrämung der Ideologie der Neuen Rechten mündet in einen Selbstwiderspruch. Denn der moderne Kosmopolitismus ist im 16. Jahrhundert durch die „Schule von Salamanca“, d.h. durch eine christliche Philosophie, begründet worden. In der Mitte des 20. Jahrhunderts haben inmitten der Barbarei des Faschismus christliche Denker wie Jacques Maritain wichtige Grundlagen für eine plurale Demokratie und die UN-Deklaration über die Menschenrechte gelegt. Die Würde der menschlichen Person transzendiert, wie Maritain gegenüber den völkischen Ideologien seiner Zeit betonte, alle geschichtlichen, auf Abstammung gegründeten Gemeinschaften. Die normative Vorgängigkeit der Person stellt nach Maritain das relative Recht gewachsener Formen der Gemeinschaft keineswegs in Frage. Auch Maritain ist ein Kritiker eines Liberalismus im Sinne eines bindungslosen Individualismus. Wenn jedoch die ethnische Gemeinschaft über der Person steht, gibt es nach Maritain gegenüber dem politischen Totalitarismus kein Bollwerk mehr. Aus diesem Grund muss nach Maritain die antike „Bürgerfreundschaft“ durch „eine stärkere, umfassendere Liebe, eben die brüderliche Liebe“ ergänzt werden. Auf den christlichen Kirchen lastet noch heute das schwere Erbe der Allianzen mit den faschistischen Systemen des 20. Jahrhunderts. Die Neue Rechte stellt das Christentum erneut vor eine historische Herausforderung, in der nicht weniger als der universalistische Kern christlicher Moral auf dem Spiel steht. Darüber hinaus stellen die neorechten Verteidiger des „Christlichen Abendlandes“ paradoxerweise die zentralen Errungenschaften europäischer Kultur, nämlich rechtsstaatliche Demokratie und Menschenrechte, in Frage. Die Antwort auf den politischen Islam kann jedoch nicht in einer völkischen Ideologie und einem christlichen Autoritarismus bestehen, die die späte Versöhnung zwischen Christentum und Demokratie desavouieren. Die schonungslose Kritik an eigenen antidemokratischen Traditionen ist heute eine der zentralen Aufgaben in der je neu zu leistenden Selbstaufklärung des Christentums. Denn unheilige Allianzen mit neorechten Bewegungen werden – dies kann schon jetzt mit Sicherheit gesagt werden – die Glaubwürdigkeit des Christentums in Europa auf Jahrzehnte hin beschädigen. In einer Rede vor den Dominikanern in Paris rief Albert Camus 1946 die Christ(inn)en auf, ihre Bündnisse mit dem Faschismus zu beenden und sich am Aufbau einer demokratischen Gesellschaft, einer „Civitas des Dialogs“, zu beteiligen. Im Kampf gegen antidemokratische Mächte dürfe sich nach Camus das Christentum nicht länger „die Tugend der Auflehnung und der Empörung … die ihm vor langer Zeit eigen war“, entreißen lassen, um nicht noch einmal „der vervielfachten Hinopferung des Sokrates beizuwohnen“. Durch den Aufstieg der Neuen Rechten hat Albert Camus‘ Appell an die Christ(inn)en eine neue Aktualität gewonnen. Die lateinamerikanischen Theologien der Befreiung haben bereits vor Jahrzehnten die christlichen Quellen prophetischer Kritik neu erschlossen. Vor diesem Hintergrund ist es wohl kein Zufall, sondern eher ein bemerkenswertes „Geschichtszeichen“, dass Franziskus, d.h. der erste Papst aus Lateinamerika, die europäische Christenheit an die menschenrechtlichen Grundlagen der europäischen Demokratie und an den Kerngehalt der christlichen Moral erinnern muss.

(Auszüge aus dem Vortrag anlässlich der Vollversammlung des Katholischen Akademiker/innenverbandes vom 20.6. 2017; der vollständige Text erscheint im September in: Walter Lesch (Hg.), Christentum und Populismus: Klare Fronten? Verlag Herder 2017)

Hans Schelkshorn
ist designierter Vorsitzender des Forums Zeit und Glaube / Katholischer Akademiker/innenverband Wien und lehrt am Institut für Christliche Philosophie der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Wien.

 

Wilhelm Achleitner: Christlich geht anders, weil …

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Jesu kurzes Wirken war von solcher Wucht, dass eine Weltreligion daraus entstand. Er konnte allerdings nicht ahnen, zu welchen Verirrungen und Grauslichkeiten seine Initiative immer wieder benutzt werden konnte. Immerhin ist in der Gegenwart das Christentum beinahe von allem Schlimmen gereinigt. Und wir haben mit Franziskus einen Papst, der näher an Jesus ist als alle Vorgänger vor ihm. Er ist für die Kirche ein großes Geschenk.

Jesus war ganz auf Gott bezogen, von ihm erwartete er unmittelbar das Reich Gottes. Jesus hat sich ganz in Gott eingefühlt und alle Wirklichkeit in Gott vereinigt erlebt.

Christen als Freunde Jesu vollziehen mit ihren Möglichkeiten ebenso diese Konzentration auf den das Gesamt der Welt umfangenden Gott. Und daraus folgen genau die sechs Grundsätze der Initiative „Christlichgehtanders“.

Daher halte ich Eure Initiative für ein kirchengeschichtliches Ereignis.

Viele ChristInnen haben bislang ihre Religion als Trost und Stärkung ihres persönlichen Lebens verstanden, es kommt aber darauf an, sie in die soziale und politische Wirklichkeit einzuschreiben und die Welt zu einem guten Leben für alle zu verändern!

Dr. Wilhelm Achleitner
Direktor des Bildungshauses Schloss Puchberg in Wels

www.schlosspuchberg.at

Martin Jäggle: Christlich geht anders, weil …

… das Christentum in der Geschichte schmerzlich lernen musste, wie Abgrenzung, Ausgrenzung und Dämonisierung das Zusammenleben in Vielfalt vergiftet und eine Gesellschaft spaltet. Jahrhunderte lang war es unmöglich, als religiös Verschiedene gut zusammenleben zu können, wie die Blutspur christlicher Konfessionskriege zeigt. Der absolute Tiefpunkt war die Schoa, an der Kirchen maßgeblichen Anteil hatten. Doch sie bewirkte letztlich eine Umkehr.

Daher bekämpfen Kirchen heute den Antisemitismus und die Fremdenfeindlichkeit, betrachten „Muslime mit Hochachtung“ (II. Vatikanisches Konzil) und setzen sich für Religionsfreiheit ein. Religiöse Vielfalt gilt als gottgewollt, sie „beruht auf der Unermesslichkeit Gottes, der Liebe ist“ (J. Dupuis) und ermöglicht ein fruchtbares Zusammenleben und –arbeiten. So fragen sich Christinnen und Christen heute, ob sie mit dem Reichtum religiöser Pluralität, die wir letztlich Gott zu verdanken haben, angemessen umgehen.

Univ.-Prof. i.R. Dr. Martin Jäggle
Institut für Praktische Theologie der Universität Wien

u.a. Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit; Mitglied des Kuratoriums der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE)

Sr. M. Andreas Weißbacher: Christlich geht anders, weil …

Ständiges Wirtschaftswachstum, nur gesehen im Hinblick auf Quantität, wie es derzeit ständig gefordert wird, ist in einer begrenzten Welt nicht möglich. Es gilt, die Enzyklika Laudato Sí sorgfältig zu studieren, wenn „das Andere“ zur heutigen Konsum- und Verbrauchergesellschaft benannt werden soll. „Die christliche Spiritualität schlägt ein anderes Verständnis von Lebensqualität vor und ermutigt zu einem prophetischen und kontemplativen Lebensstil, der fähig ist, sich zutiefst zu freuen, ohne auf Konsum versessen zu sein.“ LS 222

Gedacht ist an Menschen, die dankbar die Vielfalt der Gaben in der Schöpfung annehmen; die sie gebrauchen im Wissen um weltweite Verantwortung auf eine gute Zukunft hin auch für jene, die nach uns kommen.

Es braucht Demut und die Bereitschaft zum Einsatz all derer, die die Welt als Gabe und Auftrag eines liebenden Gottes verstehen, der allen Menschen Leben in Fülle zugesagt hat.

Sr. M. Andreas Weißbacher
Kloster Wernberg

Georg Datterl: Christlich geht anders, weil …

… weil so wie die Juden, auch die Christen von Anfang an sich als Kontrastgesellschaft sahen, an denen das Reich Gottes sichtbar werden könnte. Das gelingt nicht immer –aber einen Versuch ist es immer wert!

Prof. Mag. DDr. Georg Datterl
Schwerpunkt soziale und politische Erwachsenenbildung