Nachlese: Unsere Buchpräsentation am 14.10.

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Hier finden Sie ein ausführliches Video von unserer Buchpräsentation, sowie das Einleitungsstatement von Magdalena Holztrattner:

Christlich geht anders (Hg.): Solidarisch antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen, Innsbruck-Wien 2019

Buchpräsentation durch Magdalena Holztrattner

Die Anliegen des Buches:

In einem Klima zunehmender Entsolidarisierung, systematischer Abwertung ganzer Bevölkerungsgruppen und einer politischen Landschaft, in der der Sozialstaat zunehmend ausgehöhlt wird, haben sich im Herbst 2016 verschiedene christliche Personen und Institutionen zur ökumenischen Initiative „christlich geht anders“ zusammengeschlossen.

Das eine Ziel ist, christliche Haltungen im politischen Handeln wieder ins Bewusstsein von Menschen in Zivilgesellschaft, Kirche und Politik zu bringen. Denn „Politik ist eine der wertvollsten Formen der Nächstenliebe, weil sie das Gemeinwohl anstrebt“ (Franziskus v. Rom, LS 205)

Das andere Ziel ist, Menschen – auch unterschiedlicher Meinungen – miteinander zu den angebotenen Themenfeldern ins Gespräch zu bringen.

Entlang der Beiträge dieses handlichen Sammelbandes darf ich Ihnen die Themenfelder vorstellen:

  1. Einleitung und Verortung der Initiative cga, die „der Dominanz des individuellen Gewinnstrebens zu Lasten gelebter Solidarität eine klare Absage erteilt“. Autorin: Gabriele Kienesberger, Diözesansekretärin der KAB Wien

Welches ist das wichtigste Gebot?

  1. Über die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe und daraus folgende politische Konsequenzen theologisiert Regina Polak, Assoziierte Professorin und Institutsvorständin am Institut für Praktische Theologie / Uni Wien
  1. Wie die christliche Gottesliebe konkret in der Nächstenliebe ausgestaltet sein kann, das zeichnet Markus Inama am Beispiel eines Sozialprojektes im bulgarischen Sofia nach. Das Wichtigste im Leben ist, so der Jesuit und Vorstandsmitglied des Sozialprojektes Concordia, ein liebender Mensch zu sein.

Wann haben wir Dich hungrig gesehen?

  1. Sich vorrangig für Arme, Kranke, Einsame und Flüchtlinge einzusetzen, das tun in Wien zu einem Großteil Menschen, die nicht Teil der Gottesdienstgemeinde sind, so die Erfahrung des Leiters der PfarrCaritas der ED Wien, Rainald Tippow. Wer sich vom Leid anderer berühren lässt und den Schrei der Unterdrückten hört, der/die wird den Vorwurf, ein Gutmensch zu sein, ignorieren und Gottes vorrangige Option für die Schwachen im Leben umsetzen.
  1. Ein konkretes Beispiel, wie Menschen mit wenigen und Menschen mit mehrfachen Beeinträchtigungen vorbehaltlos und humorvoll, vertrauensvoll und konzentriert gemeinsam Theater spielen, wie sie dadurch selbst verändert werden und auch die aufmerksamen ZuschauerInnen verändern, davon erzählt Lydia Haider, die für die Öffentlichkeitsarbeiter der Kainbacher Passionsspiele zuständig ist.

Wann ist ein Staat sozial?

  1. Dass es der österreichische Sozialstaat nach dem 2. Weltkrieg geschafft hat, allgemeine Risiken – wie Alter, Krankheit, Erwerbslosigkeit oder besondere Bedürfnisse – solidarisch abzusichern würdigt die Autorin Margit Appel genauso, wie sie die kalkulierte und politisch gewollte soziale Spaltung der letzten vier Jahrzehnten scharf kritisiert. Die Autorin ist Politologin und Erwachsenenbildnerin.
  1. Wie es Betroffenen geht, die durch die größer werdenden Löcher des sozialen Netzes fallen, was Menschen ermutigt bzw. davon abhält, ihre sozialen Rechte in Anspruch zu nehmen, das skizziert der Sozialexperte und stellvertretende Direktor der Diakonie Österreich, Martin Schenk.

Wie kommt der Staat zu seinem Geld?

  1. Steuern ermöglichen einem Staat, sich für die Umsetzung der Menschenrechte und des Gemeinwohls einzusetzen. Dass die Frage nach einem gerechten Steuersystem heute auch mit der Frage nach ökologischen Dimensionen der Besteuerung von Produkten bzw. Produktionsstilen einhergeht markiert sehr anschaulich der Wirtschaftsforscher Stefan Schulmeister
  1. Dass die Frage nach gerechten Steuern auch die Frage der nachhaltigen Entwicklungsziele und internationaler Gerechtigkeit berühren, erläutert der Jesuit Jörg Alt anhand einer internationalen Studie (D / Sambia / Kenia). Würden illegale Finanzflüsse unterbunden und Privatpersonen wie Betriebe nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit besteuert werden, würden afrikanische Länder keine Entwicklungshilfe brauchen.

Was kennzeichnet christliche Politik?

  1.  Christliche Politik ist von der göttlichen Weite inspiriert, die uns herausspringen lässt aus unserem Eigennutz. Am Beispiel der sozialen Herausforderung, die der Rechtspopulismus darstellt, beschreibt der Sozialwissenschafter und Jesuit Michael Hainz 7 Hausaufgaben für ChistInnen zum Umgang mit RechtspopulistInnen. Erwähnt sei hier nur die erste: „eine wertschätzende Haltung gegenüber den Personen, die rechtspopulistische Positionen vertreten.“
  2.  Wie konkretes christliches Engagement in politischen Feldern aussehen kann, zeigt Josef Mautner am Beispiel der Salzburger „Plattform Menschenrechte“. 37 interweltanschauliche und interreligiöse Gruppen haben sich zusammengeschlossen und ermöglichen u.a. den Betroffenen selbst, ihre Erfahrungen und Fragen auszutauschen, um diese zu dokumentieren und darüber politisch aktiv zu werden. Der Autor ist Geschäftsführer der KA Sbg.

Wann wird Hoffnung gesellschaftspolitisch relevant?

  1.  Eine christlich inspirierte Politik darf nicht Angst, Hetzt und Hass verbreiten, sondern ist getragen von einer Hoffnung, die im Sinne einer „Mystik der offenen Augen“ menschenverachtende Strukturen anprangert, aber ihr Kraft aus der Liebe, dem Mut, der Freiheit und der Hoffnung schöpft. Autorin dieses Beitrags ist MMH
  1.  Wie hoffnungsstark ein soziales Experiment sein kann, das einen politischen Spielraum im AMS nützt und erwerbsarbeitslosen Menschen 20 Monate lang die Freiheit schenkt, in einer Atmosphäre von Anerkennung und Wertschätzung der Frage nachzugehen, was sie denn von Herzen gerne tun würden, davon schreibt der Betriebsseelsorger Karl Immervoll. Dass niemand der 44 TeilnehmerInnen in der Zeit „auf der faulen Haut“ gelegen ist, weil alle viel zu tun hatten, ist nur eine kleine Nebenbemerkung wert.

Ist ein gutes Leben für alle möglich?

  1.  Als Basis für ein gutes Leben für alle beschreibt der Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich die Trias von Frieden – Gerechtigkeit – Bewahrung der Schöpfung. Mehrere ökumenische Versammlungen und Prozesse – wie das Ökumenische Sozialwort der Christlichen Kirchen in Österreich (2003) verweisen auf diesen Grundauftrag aller ChristInnen.
  1.  Wie das gemeinsame Ringen um dieses gute Leben synodal und mit exemplarischen Blick auf eine Weltregion geschehen kann, davon erzählt das Autorenduo Anja Appel, Geschäftsführerin der Koordinierungsstelle für Entwicklung und Mission und der Steyler Missionar Franz Helm. Es ist die Amazoniensynode, die mit der Verbindung von Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit vor allem den reichen Ländern des Nordens einen Spiegel vorhalten will. 

Statt eines Nachworts sind es die Jungen, die uns Mitgliedern der „amtierenden Generation“ (M. Gronemeyer) in einem Zukunftswort sagen, was sie erwarten und welche Zukunfts-Träume sie haben. Was gegen die Armutsgefährdung von 21% der unter 20-Jährigen zu tun ist, fragt beispielhaft die Katholische Jugend Österreichs in diesen letzten Zeilen des Buches

Zum Schluss

Das Buch passt nicht nur in jede Damen-Handtasche und fast jede Herren-Hosentasche, sondern ist auch in einer Reihe von U-Bahnfahrten oder einer mittellangen Dienstreise im Zug leicht und schnell zu lesen.

Weniger leicht, wie Sie schon bemerkt haben, sind die Inhalte. Und die Realitäten, auf die sich die AutorInnen beziehen.

Das zentrale Anliegen dieses Buches ist, gelesen zu werden. Darum kaufen und verschenken Sie es bitte in großer Zahl.

Viel wichtiger ist aber, dass über die Inhalte diskutiert und Meinungen ausgetauscht werden. Auch mit jenen, die gar nicht der eigenen Meinung sind.

Denn es braucht gerade auch heute wieder das, was uns Bischof Maximilian Aichern ins Stammbuch geschrieben hat: „Dialog, Dialog, Dialog!“

1 Comment

  1. Die „Soziale Frage“ die uns alle beschäftigt braucht in der „Dreigliedrigen Gesellschaft“ unbedingt den persönlichen Einsatz aller Menschen im Staatswesen, jeder an seinem Platz mit den friedlichen Mitteln die uns zur Verfügung stehen. „Die Liebe zu Gott ist untrennbar mit der Sorge um die Armen verbunden. Wie wir den Geringsten einer Gesellschaft begegnen, so begegnen wir Gott selbst (Mt. 25,40). Wer Arme bekämpft, bekämpft das Christentum.“

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