Walter Rijs: Betteln ist Menschenrecht – auch in Wien!

Es ist Adventzeit. Wir Christen feiern den Hl. Nikolaus, der Arme beschenkt hat und wir denken an das aufdringliche Anklopfen von Josef und Maria bei der Herbergsuche. Da irritiert mich doppelt, wenn jetzt der Wiener Sozialstadtrat gegen bettelnde Menschen vorgehen möchte!

Gerade in diesem Jahr habe ich bisher in der Stadt das Gefühl gehabt, dass es ein problemloses Miteinander von Wienerinnen und Wienern und „ihren“ Bettlern gibt. Es ist bedauerlich, dass SP-Stadtrat Hacker dies anders sieht. Besonders perfid ist, dass am 10. Dezember die Stadt Wien 5 Jahre „Wien – Stadt der Menschenrechte“ groß feiert und gleichzeitig BettlerInnen kriminalisiert, vertrieben und abgeschoben werden sollen. Auch wenn es im täglichen politischen Kampf immer wieder vergessen wird: Betteln ist ein Menschenrecht. Und es muss allen Menschen – unabhängig ihrer Herkunft – erlaubt sein, um eine milde Gabe zu bitten.

Die Aussagen sind bedauerlicherweise noch eine Steigerung zur Sozialkürzungspolitik der ehemaligen türkis-blauen Regierung. Denn hier geht es nicht um Menschen, die irgendeinen Anspruch auf soziale Unterstützung in Wien haben, hier geht es um Menschen, die sonst nichts haben. Vor einem Jahr wurde in Ungarn Obdachlosigkeit per Strafe verboten, die Aussagen in Wien machen mir Sorge, dass man sich hier auch dieser Politik langsam nähert.

Dass aufgrund der politischen Hetze in Ungarn, BettlerInnen vermehrt nach Österreich kommen, ist leider eine traurige Tatsache. Diese darf aber nicht mit Abschiebungsdrohungen, die diese Menschen in Ungarn ins Gefängnis bringt, erwidert werden. Es kann nicht sein, dass die reiche „Central European University“ aus Ungarn nach Wien gerettet wird und gleichzeitig der Innenminister aufgefordert wird, arme Menschen nach Ungarn (und in andere EU-Länder) abzuschieben.

Ganz im Sinne von Papst Franziskus fordert die Katholische Aktion, dass nicht Arme, sondern die Armut bekämpft werden muss. „Ohne Solidarität ist unser Glaube tot“, sagt Papst Franziskus.

Ich appelliere an die Christinnen und Christen in Wien, sich nicht von zeitgeistigen Schönheitsidealen des Stadtbildes irritieren zu lassen. Für uns sind BettlerInnen nicht störende Fehler im Stadtbild, sondern Menschen, die etwas von uns brauchen und Armut sichtbar machen. Wir sind daher aufgefordert, sie zu unterstützen. Wegschauen und Schimpfen sind keine für ChristInnen akzeptablen Handlungen. Es liegt nicht nur an der Stadtregierung, sondern auch an uns, dass wir diese Stadt menschlich und christlich prägen.

Walter Rijs ist Präsident der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien. Dieser Kommentar ist auch als Presseaussendung der KA Wien veröffentlicht worden.

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