In Sorge um die ksoe

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Aktuelle und ehemalige DirektorInnen der ksoe mit Bundespräsident Van der Bellen bei der 60 Jahrfeier.

Stellungnahme besorgter Wissenschafter:innen und Initiativen zum geplanten „Relaunch“ der Katholischen Sozialakademie Österreichs (04.08.2020)

Die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe) wirkt seit über 60 Jahren als eine wichtige Institution des interdisziplinären und transdisziplinären Dialogs in Österreich. Aufgrund der Corona-Pandemie ist nun auch diese Institution vor große Herausforderungen gestellt: Durch die Pandemie brechen voraussichtlich Einnahmen weg, mit denen sich die ksoe zu zwei Dritteln selbst finanziert. Mit Sorge nehmen wir nicht nur den Beschluss der Österreichischen Bischofskonferenz zur Kenntnis, der einen „Relaunch“ der Katholischen Sozialakademie Österreichs plant, sondern auch die damit verbundene Kommunikation, die mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet.

Denn spricht der Umstand, dass die Zukunft der dort tätigen Mitarbeiter:innen zur Disposition gestellt wird, nicht deutlich – und allen Bekundungen zum Trotz – für eine in erster Linie inhaltlich, ja, politisch begründete Neuausrichtung der ksoe? Welche Neuausrichtung soll das sein, wenn sie im Grunde genau das bewirken soll, was die ksoe in über 60 Jahren sehr erfolgreich mit ihren Mitarbeiter:innen bereits unter Beweis gestellt hat? Nämlich, ein „Kompetenzzentrum” der Katholischen Soziallehre zu sein, „das die kirchliche Expertise in diesem Bereich zeitgemäß bündelt, vertieft und in einem ökumenisch offenen Dialog mit den staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen umsetzt“. Als 2019 das Jubiläum der ksoe begangen wurde, würdigte sie unter anderem Bundespräsident Alexander van der Bellen für genau dieses Engagement. Wie passt dieses Lob dazu, dass die ksoe „inhaltlich und strukturell neu aufgestellt“ werden soll?

Als Wissenschafter:innen unterschiedlicher Disziplinen und als zivilgesellschaftliche Initiativen aus einer Vielfalt verschiedener Themenbereiche schätzen wir die Arbeit und Arbeitsweise der ksoe. Wir kennen die ksoe durch ihre Texte, ihre Lehrgänge, von Vorträgen, als Forschende im Rahmen des Schasching-Fellowships sowie durch verschiedene Kooperationen. Die ksoe ist für uns keine „Marke“, wie es in einer Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz heißt, sondern eine gemeinwohlfördernde Institution. Sie ist nicht nur eine wichtige unabhängige und kritische Stimme in der österreichischen Gesellschaft, die notwendige Debatten anregt und bereits viele unverzichtbare Impulse gegeben hat. Nein, sie bietet auch den Raum für einen interdisziplinären Dialog. Dabei steht die ernsthafte Auseinandersetzung mit Themen auf der Agenda, die im normalen Hochschulbetrieb, aber auch in der Arbeit zivilgesellschaftlicher Initiativen oft genug auf der Strecke bleiben: seien es die sozial-ökologische Transformation, solidarische Wirtschaftsformen, Zeitsouveränität, Grundeinkommen, Care oder Armut und Ungleichheit. Mehr noch: Die ksoe war immer schon ein Ort der Transdisziplinarität, deren Notwendigkeit nun zunehmend auch in weiteren Bereichen der Wissenschaft erkannt wird, und für die die ksoe eine Vorreiterin ist.

Deshalb blicken wir mit Sorge dem Vorhaben einer „Neuaufstellung“ der Katholischen Sozialakademie Österreichs entgegen. Wir befürchten nicht nur das Verstummen einer wichtigen Stimme in der österreichischen Gesellschaft, sondern ebenso, dass ein fruchtbarer Ort des inter- und transdisziplinären Dialogs versiegelt wird. Wir möchten die Verantwortlichen deshalb mit Nachdruck dazu aufrufen und ermutigen, mit dem beabsichtigten „Relaunch“ den bisherigen inhaltlichen und personellen Kurs der ksoe nicht nur zu stärken, sondern zu vertiefen und zu erweitern und in diesem Sinn für eine solide Finanzierung zu sorgen. Dies würde der ksoe zukünftig eine im subsidiären Sinne eigenständige und unabhängige Arbeit ermöglichen und ihr erlauben, die Erfolgsgeschichte der letzten sechs Jahrzehnte fortzusetzen.

Institutionen

Attac Österreich

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit, Bad Ischl.

FZA Verein für Kunst, Kultur und Wissenschaft

Gewerkschafter*innen gegen Atomenergie und Krieg

Initiative Zivilgesellschaft

MeM – Denkfabrik für Wirtschaftsethik, Berlin

Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe)

Runder Tisch Grundeinkommen

proSV – pro Sozialstaaat/proSozialversicherug / Österreichisches Solidaritätskomitee

proDemokratie – Plattform für Demokratie und Ausbau des Sozialstaates. Gegen Sozialstaat, Überwachungsstaat, Unterdrückung und Krieg.

Personen

Ernest Aigner, MSc, Projektmitarbeiter WU Wien, Wien.

Univ.Prof. DDr. Josef Christian Aigner, em. Prof. für Psychosoziale Arbeit und Psychoanalytische Pädagogik, Innsbruck.

Univ.-Ass. Dr. Tobias Boos, Institut für Politikwissenschaft, Fachbereich Internationale Politik, Universität Wien.

Dr. Marion Breiter, Psychotherapeutin und Sozialwissenschaftlerin, langjährige Lektorin der Universität Wien, Vorstandsmitglied im Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen.

Michael Deflorian, MA, Universitätsassistent an der Wirtschaftsuniversität Wien, Wien

Dr. Andreas Exner, Ökologe und Politikwissenschafter, Schasching-Fellow 2018/19

o.Univ.Prof.i.R.Dr.Dipl.Ing. Peter Karl Fleissner, Sozialkybernetiker, Wien

Mag. Stefan Grasgruber-Kerl, Vorstandsvorsitzender, Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe)

Dr. Friederike Habermann, freie Wissenschaftlerin.

Dr. Friedrich Hinterberger, Senior Scientist, Universität für Angewandte Kunst Wien

Priv.-Doz. Dr. Thomas Höge, Wissenschaftlicher Mitarbeit am Institut für Psychologie der Universität Innsbruck, Innsbruck.

MMag. Christian Hofmann, Bildungsreferent (derzeit Bildungskarenz), Wien

Dr. Andrea Jany, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Architektin, Uni Graz/RCE.

Dr.in Elisabeth Klatzer, selbständige Wissenschafterin und Aktivistin, Ökonomin, Wien.

Magdalena Kraus, MA MA, Doktorandin (Internationale Entwicklung), Wien.

Dr. Wilfried Leisch, Berater, Publizist, Journalist, Vors. IG-Flex-Wien der GPA-djp, Wien.

Prof. Dr. Stephan Lessenich, Soziologe, Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München

ao. Univ. Prof. Dr. Andreas Novy, Wirtschaftsuniversität Wien

Prof. Dr. Walter Otto Ötsch, Professur für Ökonomie und Kulturgeschichte, Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung, Bernkastel-Kues.

Univ.-Prof. Wolfgang Palaver, Institut für Systematische Theologie, Universität Innsbruck.

Dr. Reinhard Felix Paulesich, Senior Scientist and Lecturer, Institute for Multilevel Governance and Development, WU Wien.

Dr. Christina Plank, Kulturwirtin und Politikwissenschafterin, Schasching-Fellow 2016/17

Dr. Leonhard Plank, Betriebswirt, Senior Scientist, Institut für Raumplanung, TU Wien.

Konrad Rehling, Geschäftsführer, Südwind.

Maria Reichl, Obfrau, Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit, Bad Ischl.

Matthias Reichl, friedens- und sozialpolitischer Aktivist, Radiomacher, Bad Ischl.

Ao. Univ.-Prof. Dr. Kurt Remele, Leiter des Instituts für Ethik und Gesellschaftslehre, Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Graz.

Prof. Dr. Severin Renoldner, Professor für Ethik, Moraltheologie und politische Bildung, Private Pädagogische Hochschule der Diözese Linz.

Ulrike Sambor, Solidaritätspakt (Mitglied) und Attac Inhaltsgruppe Grundeinkommen.

Klaus Sambor, Attac Inhaltsgruppe Grundeinkommen.

Univ.-Prof. Dr. Birgit Sauer, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Wien.

Jonathan Scalet, ehrenamtlicher Vorsitzender von Welthaus Wien, Sozialwissenschafter, Wien.

Prof. Dr. Tatjana Schnell, Associate Professor, Institut für Psychologie, Universität Innsbruck

Univ-Prof.i.R.Dr. Dieter Segert, Politikwissenschaftler, spezialisiert auf Osteuropastudien. Bis 2017 als Professor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.

Dr.in Barbara Smetschka, Sozialökologin und stv. Institutsleiterin, Institut für Soziale Ökologie (SEC), Universität für Bodenkultur Wien.

Emer. Univ.Prof Mag. Dr. Raimund Sobotka, Universität Wien.

Prof. Dr. Petra Steinmair-Pösel, Leiterin des Instituts für Religionspädagogische Bildung, Kirchliche Pädagogische Hochschule Edith Stein, Standort: Feldkirch.

Ao Univ.Prof. Dr. phil. Dr. h.c. Peter Stöger, Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung, Universität Innsbruck.

PD Dr. Ulrich Thielemann, Direktor der MeM – Denkfabrik für Wirtschaftsethik, Berlin.

Dr. Sebastian Thieme, Ökonom, Schasching-Fellow 2015/16

Dr. Christine Unterrainer, Universitätsassistentin, Arbeits- und Organisationspsychologin, Universität Innsbruck

Dr. Margareta Anna Vobruba, Psychologin und Psychotherapeutin, akademische Entwicklerin sozialer Verantwortung, Wien.

Priv.-Doz. Mag. Dr. Wolfgang Weber, MA, MAS, Akademischer Politischer Bildner, Gastprofessor FH Vorarlberg 2020/21

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang G. Weber, Institut für Psychologie, Fachbereich Angewandte Psychologie, Universität Innsbruck.

1 Comment

  1. einfach erschrecken was gerade überall passiert.
    bitte steht auf !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
    es wird einen genozid geben
    ich weiss nicht ob er verhindert werden kann aber wir sollten uns als lebewesen dagegen wehren.

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