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Die Entfremdung des Menschen: Die christlich-soziale Wurzel ist tot.

Am 22. Februar 2018 veranstaltete die Initiative „Christlich geht anders“ und der Kath. AkademikerInnenverband Wien im Otto-Maurer-Zentrum in Wien eine Podiumsdiskussion zum Thema „Solidarische Antworten auf die soziale Frage Welche Antworten gibt die neue Regierung darauf?“. Der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister diskutierte mit Wirtschaftskammer-Vertreter Rolf Gleißner über das neue Regierungsprogramm. Die Moderation führte ksoe-Direktorin Magdalena Holztrattner. 

Vorweg: Die Diskussion wurde sehr kontroversiell geführt und vom Publikum teilweise sehr emotional mitgetragen. In ihrer Einleitung wies Magdalena Holztrattner darauf hin, dass das Regierungsprogramm insgesamt 180 Seiten umfasse, darin seien ungefähr 25 Seiten dem Thema Fairness und Gerechtigkeit zugeordnet, und hier wieder vier Seiten dem Thema Soziales und Konsumentenschutz.

Gleißner: Regierung gibt richtige Antworten

Rolf Gleißner, stellvertretender Abteilungsleiter für Sozialpolitik und Gesundheit in der Wirtschaftskammer Österreich, betonte, dass das neue Regierungsprogramm durchaus die richtigen Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft gebe. „Im Vergleich mit anderen Ländern in Westeuropa steht Österreich sehr gut da“, sagte der Wirtschaftskammer-Vertreter, und nannte auch Beispiele: Die Einkommen seien gleichmäßig verteilt und hätten sich relativ stabil entwickelt; die absolute Armut habe sich seit 2008 fast halbiert, die Armutsgefährdung sei unterdurchschnittlich. Die Mindestsicherung sei auf einem wesentlich höheren Niveau als in Deutschland. Österreich könne einen lückenlosen Sozialstaat vorweisen. Doch: „Natürlich hat der Sozialstaat Schwächen und muss angepasst werden an die Zukunft“, so Gleißner. „Die Kehrseite ist natürlich, dass ein Sozialstaat auch teuer ist.“ Die Abgabenquote von rund 43 Prozent sei sehr hoch; die Hälfte der Staatseinnahmen gehe in das Sozialsystem. Die Österreicherinnen und Österreicher gingen auch relativ früh in Pension, das sei „eine Schwäche des Sozialstaats“. Gleißner: „Wir haben einen relativ hoher Anteil von Beziehern von Mindestsicherung, vor allem in Wien. Und wir haben eine extrem hohe Regelungsdichte in Österreich.“ Das Regierungsprogramm gebe hier die richtigen Antworten. „Das fängt an beim Thema Arbeitszeit, wo wir als Wirtschaftskammer uns mehr Flexibilität wünschen. Es gibt Handlungsbedarf im Bereich Arbeitsmarktpolitik, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestsicherung – auch dort muss man einige Anpassungen vornehmen. Wir wollen nicht den Sozialstaat in Frage stellen, aber man darf nicht jedes Detail für sakrosankt erklären.“

Schulmeister: Im Neoliberalismus verliert Solidarität ihren Wert

Anderer Meinung ist hingen Stephan Schulmeister, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und Mitinitiator der Initiative „Christlich geht anders.“ Er sieht, dass sich seit den 70er-Jahren die Ideologie des Neoliberalismus immer mehr durchgesetzt hat. Diese Ideologie „geht von der Vorstellung aus, der Mensch ist in seinem Wesen nur ein Individuum, das eigennützig und rational ist“, so der Wirtschaftsforscher. Dieses Menschenbild wirke sich jetzt bis ins kleinste Detail in die aktuelle Politik und damit auch auf das aktuelle Regierungsprogramm aus. Schulmeister im O-Ton: „Wenn der Mensch nur ein eigennütziges Wesen ist, dann hat Solidarität keinen Wert mehr.“

Die Prinzipien des Neoliberalismus und der katholische Soziallehre stünden in diametralen Gegensatz. Die Krise Europas, die sich nach Schulmeisters Ansicht noch vertiefen wird, „liegt in der Entfremdung der Menschen von dem, was eigentlich unsere Grundwerte und unsere über Jahrhunderte gewachsene Lebensgewohnheiten sind“. Doch Europa schwächt die Sozialstaatlichkeit Schritt für Schritt – und das seit 30 Jahren. „Dieses Regierungsprogramm unterstütze diese Tendenz vehement“, weist Schulmeister darauf hin. Und weiter: „Ich habe mir die inhaltlichen Punkte angesehen wie Kürzung des Arbeitslosengeldes, der Mindestsicherung insbesondere für Flüchtlinge, ich sage, das ist ein richtig neoliberalistisches Programm, das nachmacht, was in anderen Ländern schon vorexerziert wurde.“ Das Bedrückendste für ihn aber sei, dass dieses Programm federführend von einer Partei ausformuliert und durchgesetzt wurde, die über Jahrzehnte eine christlich-soziale Wurzel hatte. Schulmeister: „Diese Wurzel ist tot.“

Auch die Zukunftsaussichten wurden von den beiden Experten unterschiedlich bewertet; während Stephan Schulmeister eine „Vertiefung der Finanzkrise“ befürchtet, hält Rolf Gleißner eine „Entwicklung in Richtung Vollbeschäftigung“ für möglich.

„Christlich geht anders“ ist ein breites Bündnis von sozial engagierten ChristInnen, kirchlichen (Laien-)Organisationen (darunter die Ordensgemeinschaften Österreich) und AmtsträgerInnen sowie Hilfsorganisationen der Zivilgesellschaft.

rsonnleitner

Von den 120 BesucherInnen kamen Rückfragen auf hohem wirtschafts- und sozialpolitischem Niveau. Das zentrale Interesse betraf die Arbeitsmarktpolitik. Finanzmarktpolitik und Europa waren ebenso Aspekte in der Diskussion. Das Publikum brachte zusätzlich Themen zur Sprache, wie Chancen am Arbeitsmarkt für ältere Menschen, menschenwürdiges Dasein, Umverteilung von unten nach oben, menschenverachtender Umgang mit Arbeitslosen und Flüchtlingen, etc. Von den Experten am Podium wurden auch sehr unterschiedliche Zukunftsbilder gezeichnet, über mögliche/wahrscheinliche kommende Krisen (Vertiefung der Finanzkrise) von Schulmeister, wohingegen Gleissner zuversichtlich eine Entwicklung in Richtung Vollbeschäftigung für möglich hält.

Begrüßung: Gabriele Kienesberger (Kath. Arbeitnehmer/innenbewegung Wien, KAB)
Moderation: Magdalena Holztrattner (Kath. Sozialakademie Österreich, ksoe)

Lieselotte Wohlgenannt: Arbeitslosenversicherung – wohin geht unsere Gesellschaft?

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Zusammenhalt oder Spaltung?

Ankündigungen, Halbinformationen, Diskussionen: die angekündigten Reformen und Gesetzesvorhaben der neuen türkis-schwarzen Regierung stehen im Zentrum der aktuellen Berichterstattung der Medien. Dabei geht es um Steuerpolitik, Asylwerber, Krankenkassen, und noch einiges mehr. Am meisten diskutiert werden jedoch derzeit eine geplante Neuordnung der Arbeitslosenversicherung, und die Einführung eines Kinderbonus für Familien.

Arbeitslosigkeit

Wesentliche Veränderungen für den Bezug des Arbeitslosengeldes sind geplant, doch wenig ist bisher bekannt. Die Bezugszeiten könnten an die Dauer vorhergehender Beschäftigung gebunden werden, auch die Höhe könnte sich ändern. Sicher scheint, dass die Notstandshilfe, die bisher an das Ende des Arbeitslosengeldbezugs anschloss und in der Dauer nicht begrenzt war, wegfallen soll. Wer keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld hat, soll auf die Mindestsicherung angewiesen sein, die im Kern noch immer die alte Armenfürsorge der Länder ist (die sich natürlich gegen diese Zuweisung wehren). Wer eigenes Vermögen besitzt, muss dieses mehr oder weniger verbrauchen, bevor Sozialhilfe bezogen werden kann.

Dies könnte einerseits jüngere Menschen treffen, die noch keine stabile Arbeitssituation gefunden haben und zwischen kurzen Engagements und Zeiten der Suche noch wenig Anspruchsberechtigung für den Bezug von Arbeitslosengeld erworben haben. Und es trifft ältere Langzeitarbeitslose mit geringerer Qualifikation oder geringfügigen Einschränkungen, etwa gesundheitlicher Art. Aber  nicht nur sie,  selbst Hochqualifizierte, die aus irgendeinem Grund den Arbeitsplatz verloren haben, finden als Über-Fünfzigjährige schwer eine neue Anstellung. Dieser Altersgruppe sollte die Aktion 20.000 zugutekommen, die inzwischen gestrichen wurde.

Wie auch immer die Regelung letztlich aussehen wird, ob Langzeitarbeitslose auf das eigene Vermögen angewiesen sein werden, bleibt offen. Dass sie darüber hinaus öffentlich als Drückeberger und Schmarotzer dargestellt werden, die nicht gewillt sind, angebotene Arbeitsplätze anzunehmen, ist ungerechtfertigt und menschenfeindlich. „Wer sich ein Leben lang durchgeschummelt hat“ soll nicht unterstützt werden – so kürzlich die öffentliche Aussage eines  Politikers!

Schlimm genug, ohne Erwerbsarbeit zu sein – doch wohin geht unsere Gesellschaft, wenn die Erwerbslosen öffentlich als Faulpelze und Schwindler denunziert und ausgegrenzt werden?

Familienförderung

Familien sind das Fundament jeder Gesellschaft. Dass Kinder in guten Verhältnissen aufwachsen können, ist deshalb ein wesentliches Ziel staatlicher Politik. Deshalb soll es ab 2019 einen Familienbonus, d.h. eine jährliche Gutschrift von 1500 Euro pro Kind bis zum Alter von 18 Jahren geben. Dies setzt allerdings voraus, dass Eltern so viel verdienen und so viel Steuern zahlen, dass sie diesen Betrag abziehen können. Bei einem Kind ist dies ab einem Brutto-Monatsverdienst von ca. 2000 Euro der Fall. Im Gegenzug sollen bisherige Absetzbeträge und andere Abschreibmöglichkeiten  von Kinderkosten gestrichen werden. Weil damit viele Familien von Alleinerziehenden ausgeschlossen werden, weil sie zu wenig verdienen und nicht genug Steuer bezahlen, um den Bonus nutzen zu können, soll es für diese Gruppe erhöhte, auszahlbare Absetzbeträge geben.

Dass damit – jedenfalls im österreichischen Steuerrecht – Kinder nicht mehr gleich viel wert sind, führte unmittelbar zur Kritik. Wenn dann die Antworten hochrangiger Politiker lauten: man wolle „keine Förderprogramme für große Zuwandererfamilien“, es gehe darum, „österreichische Familien“ zu entlasten, zeigt sich damit nicht nur gezielte Diskriminierung, sondern auch eine öffentliche Abwertung von Teilen der Bevölkerung. Es sind Menschen, die zu unserer Gesellschaft gehören, und denen nun eine diffuse Art von Schuld angelastet, eine geringere Würde zuerkannt wird.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Gutes Zusammenleben in einer Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn alle Gruppen, alle Bürgerinnen und Bürger friedlich und respektvoll miteinander umgehen. Für ein entsprechendes Klima zu sorgen, ist nicht zuletzt Aufgabe der Politik.

Ob  es sinnvoll und zielführend ist, Familien, die aufgrund ihrer Erwerbssituation entsprechend Steuern zahlen, einen Teil dieser Steuern in Form des Familienbonus zurückzugeben, ist eine Frage, die anderswo zu erörtern wäre. Auch geht es hier nicht darum zu beurteilen, ob strengere Regeln und die Streichung der Notstandshilfe die Arbeitslosenquote senken können.

Wenn jedoch verantwortliche Politiker ihre, zumindest tendenziell diskriminierenden  Gesetzesvorhaben mit Verdächtigungen und Abwertungen ganzer gesellschaftlicher Gruppen öffentlich vertreten, wird damit bewusst eine Spaltung der Gesellschaft gefördert, die den sozialen Zusammenhalt mehr und mehr gefährdet.

Drin Lieselotte Wohlgenannt
freie Mitarbeiterin der ksoe im Themenfeld Soziale Gerechtigkeit

www.ksoe.at

2018-01-15

Karl Immervoll kritisiert „Aktion 20.000“-Stopp

Der langjährige niederösterreichische Betriebsseelsorger Karl Immervoll hat sich enttäuscht gezeigt, dass die Bundesregierung die „Aktion 20.000“ für ältere Arbeitssuchende beendet.
Der Papst-Leo-Preisträger, der für seine vielen Sozialinitiativen im strukturschwachen Waldviertel bekannt ist, bezeichnete die Aktion als „echte Hilfe für ältere Arbeitssuchende“. Denn auch wenn die Wirtschaftsdaten derzeit positiv seien, habe es diese Gruppe „total schwer Arbeit zu finden“. Betriebe würden Arbeitnehmer über 50 Jahren eher abbauen als sie einzustellen, vor allem, wenn sie schon längere Zeit ohne Job waren.

Verlust wertvoller Zeit

Ob es wirklich 20.000 neue Jobs geworden geworden wären, sei dahingestellt, meinte Immervoll am Mittwoch gegenüber Kathpress. Der Hinweis auf den bisher schleppenden Verlauf zähle nicht, denn das beziehe sich auf einzelne Modellregionen: „Bei uns ist die Aktion noch gar nicht angelaufen, das wäre erst ab 1. Jänner gewesen.“ Die mit 30. Juni 2019 befristete Maßnahme auszusetzen, bedeutet nach den Worten des Betriebsseelsorgers jedenfalls, dass wertvolle Zeit vergeht, bis wieder eine Entscheidung fällt.

Die „Aktion 20.000“ wäre aus Immervolls Sicht auch nachhaltig gewesen. Jeder Arbeitssuchende sei froh um jeden Monat Anstellung und damit Pensionsversicherungszeit. Weiters bedeute Arbeit zu haben auch Kontakt und Teilhabe an der Gesellschaft, Arbeitslosigkeit dagegen stehe für „weg vom Fenster“.

„Wurde nicht diskutiert“

Außerdem: Einen neuen Arbeitsplatz zu finden sei von einer Beschäftigung aus leichter als aus der Arbeitslosigkeit, so Immervoll. Da auch Arbeitsstellen im Bereich der Gemeinnützigkeit angedacht waren, wäre dadurch wichtige gesellschaftliche Arbeit entstanden. Immervoll kritisierte auch die Vorgehensweise der Regierung bei der Aussetzung der Aktion: „Über diesen Schritt wurde nicht diskutiert – nicht im Parlament, nicht mit Experten, nicht einmal im Ministerrat.“

religion.ORF.at/KAP

Sternsingeraktion: Weihnachtsbotschaft und solidarischer Sozialstaat gehören zusammen

Sternsingerinnen und Sternsinger bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg.

Das neue Jahr begann auch heuer mit einer „Tour“ der Nächstenliebe. 85.000 Sternsingerinnen und Sternsinger waren in ganz Österreich unterwegs. Sie erbitten den Segen für jedes Haus und werden so auch zum Segen für arm gemachte Menschen in den benachteiligsten Regionen unseres Planeten. Durch die Botschaft von der Geburt Christi und dem solidarischen Engagement trägt das Sternsingen auch eine höchst aktuelle Botschaft in sich. Diese wurde bei zahlreichen Besuchen den Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Politik überbracht:

 

von links. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (V) mit den Sternsingern, rechts im Bild der Geschäftsführer der Dreikönigsaktion Jakob Wieser

Sehr geehrte Damen und Herren,

es freut uns, dass Sie die Heiligen Könige empfangen. Herzlichen Dank für die freundliche Einladung. Die Sternsingergruppe bringt Ihnen persönlich den Segen für das kommende Jahr. Möge das Jahr 2018 viel Freude und Frieden für Sie, Ihre Familie und all Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereithalten.

Das Jahr 2018 soll aber auch für ganz Österreich ein gutes Jahr sein. Wir wünschen uns gegenseitigen Respekt, ein friedliches Zusammenleben und Wohlergehen für alle Menschen, die hier im Land leben – ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Glaubens und ihrer sozialen Lage. Sie in Ihrer Funktion spielen hierbei eine wichtige Rolle.

85.000 Kinder gehen heuer wieder in ganz Österreich zum Jahreswechsel Sternsingen. 30.000 Jugendliche und Erwachsene unterstützen sie dabei. Unser Ziel ist es, zu einer gerechten Welt beizutragen. Mit den Spenden der österreichischen Bevölkerung unterstützen wir Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika. 17,1 Millionen Euro wurden im Vorjahr gesammelt. Mit dieser gewaltigen Summe kann die Dreikönigsaktion, das Hilfswerk der Katholischen Jungschar, jährlich rund 500 Hilfsprojekte unterstützen.

Sternsingen bedeutet, die Botschaft vom Frieden für alle Menschen dieser Welt zu verbreiten. Die Sternsinger-Kinder  leisten einen wertvollen Beitrag zu einer gerechten Welt ohne Armut und Ausbeutung.

Sternsingen bedeutet auch die Botschaft von Jesus Christus zu hören. Er beruft uns immer wieder zur Umkehr damit wir seinem Vorbild, der ungeteilten Nächstenliebe, auch besonders für die Armen, Schwachen und Fremden, gerecht werden können. Eine engagierte Entwicklungspolitik ist hier ein wertvoller Baustein, ebenso wie ein solidarischer Sozialstaat, der soziale Risiken nicht privatisiert (Sozialwort)1). Nur wenn wir allen Menschen auf Augenhöhe begegnen, können wir gemeinsam eine friedlichere Welt den nächsten Generationen hinterlassen.

Wir hoffen, dass in diesem Sinne ein Dialog möglich ist und wünschen ein gutes neues Jahr.

Christina Pfister – Vorsitzende der Kath. Jungschar Österreich
Sigrid Kickingereder – Bundesgeschäftsführerin der Kath. Jungschar Österreich
Jakob Wieser – Geschäftsführer der Dreikönigsaktion, dem Hilfswerk der Kath. Jungschar

1) je nach Adressat/in wurde dieser Punkt angepasst, zum Beispiel:

  • Für eine österreichische Entwicklungszusammenarbeit, die Armutsbekämpfung als oberste Priorität verfolgt.
  • Für faire Wirtschaftspolitik und Handelsabkommen mit den Länden des globalen Südens.
  • Insgesamt hat sich ja die internationale Staatengemeinschaft, und damit auch Österreich, mit den „Zielen für nachhaltige Entwicklung“ viel Positives vorgenommen. Es erscheint uns unabdingbar, eine konsequente Strategie zur Umsetzung der Sustainable Development Goals zu verfolgen.

Dreikönigsaktion
Hilfswerk der Katholischen Jungschar
Wilhelminenstraße 91/II f
1160 Wien
http://www.dka.at

Christlichgehtanders#DasSpiel

Großes Interesse für Christlichgehtanders#DasSpiel

Entwicklerin Anni Van den Nest: „Spiel soll Raum geben für die gemeinsame Suche nach solidarisch christlichen Antworten auf soziale Fragen und einander stärken in der Umsetzung“

Aktuelle Themen aus dem Sozial- und Wirtschaftsbereich diskutierten die rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Sorge und großem Interesse bei einem gesellschaftspolitischen Spieleabend am 8. Jänner 2018 auf Stephansplatz 6 im Zentrum des Apostolates, zu dem die Initiative “Christlich geht anders – Solidarische Antworten auf die soziale Frage” und die kfb Wien eingeladen hatten.

Spieldurchführung bot viele Einsichten

„Christliche Werte müssen sich immer an Jesus orientieren, unsere Aufgabe ist immer die Übersetzung und Umsetzung seines Weges in unserer Zeit. Dieses Spiel soll Raum geben für die gemeinsame Suche nach solidarischen, nach christlichen Antworten auf soziale Fragen, einander stärken in der Umsetzung auch gegen den öffentlichen Trend, den Raum für Vorurteile, Egoismus, Verschwörungstheorien, alternative Wahrheiten, für unchristliches reduzieren“, sagte Anni Van den Nest, die Spieleentwicklerin und kfb-Diözesansekretärin bei der Vorstellung des neuen Spiels. „Gewinnen kann man bei diesem Spiel im gemeinsamen Reden und sich Bestärken“, fügte sie dazu.
Sehr engagiert wurde dann von den 75 MitspielerInnen in drei Spielgruppen über Solidarität, Steuergerechtigkeit, das Schüren von Ängsten, sogenannte “Alternative Facts”, die Lockerung des ArbeitnehmerInnen-Schutzes diskutiert und die Senkung der sozialen Mindestsicherung in Frage gestellt. So erzählte eine Frau von Ihrer Erbschaftssteuererfahrung, die eine Wohnungsübernahme fast verunmöglicht hätte. Eine Finanzbeamtin berichtete, sie habe in ihrer Ausbildung zwei Wochen hindurch Obdachlose täglich begleitet, um in die Lebenssituation dieser Menschen einen entsprechenden Einblick zu erhalten. ExpertInnen und Experten wie der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister, der Gewerkschafter und KABÖ-Präsident Philipp Kuhlmann oder Traude Novy, die Vorsitzende des „Joan Robinson Verein zur Förderung frauengerechter Verteilung ökonomischen Wissens“ waren an dem Spiel genauso beteiligt wie zahlreiche berufstätige ArbeiterInnen und Angestellte oder eine Politikerin und PensionistInnen.

Aufgelockert wurde das Gespräch immer wieder durch „Aktionskarten“, wo positive Begriffe wie z.B. „Fürsorge“, „ Sozialstaat“ oder „Solidarität“  pantomimisch oder mit anderen zu erraten waren, „Märchenstunden“ oder durch das Kennenlernen von alternativen „So kann es auch gehen“ Modellen. Dadurch gelang es den MitspielerInnen und Mitspielern sehr gut in einen konkreten Erfahrungsaustausch einzutreten, der gleichzeitig reale Lebensgrenzen und -nöte von Menschen sichtbar werden ließ.

Auch Fotografen, Zeitungs- und Radio JournalistInnen nahmen an dem Spieleabend mit großem Interesse teil, was zu einem sehr informativen Religion aktuell Beitrag am 9.1. auf Ö1 um 18:55 Uhr führte. „Heute erstmals das Spiel #christlichgehtanders hier in #Vienna mitgespielt. Bringt Austausch, regt Synapsen an und bringt Fakten auf den Tisch“, postete Ferdinand Kaineder von den Ordensgemeinschaften. „Weil wir als Zivilgesellschaft gegensteuern müssen. Es darf keinen sozialen Kahlschlag geben und Wirtschaft muss wieder im Sinn von „Haushalten“ verstanden werden! Vor allem brauchen wir Antworten und „Zurechtrückungen“ für die junge Generation“, schrieb die FIAN Mitarbeiterin Lisa Sterzinger. „Es war eine bereichernde Diskussion, an der sich viele ganz unterschiedliche Menschen beteiligt haben. Danke den Veranstalterinnen!“, kam von der grünen Landtagsabgeordneten im Burgenland Regina Petrik. „Ja, vielen Dank, es war spannend, bei Gott nicht immer harmonisch! Ich freu mich darauf, dieses Spiel in meiner Gemeinde anbieten zu können“ resümierte die Evangelische Theologin Barbara Rauchwarter.

Die bei der konkreten Spieldurchführung gewonnenen Einsichten werden nun in die Fertigstellung eingearbeitet, womit das Spiel in seiner Endfassung dann im März vorliegen soll. „Organisieren Sie einen Spieleabend, Diskussionsnachmittag, ein Frühstück mit Gespräch… in Ihrer Pfarre, in Ihrer Gemeinde…  wir unterstützen Sie gerne dabei“, schloss Anni Van den Nest und empfahl die Verbreitung des Spiels. Sowohl VertreterInnen der “Christlich geht anders”-Initiative als auch kfb-Mitarbeiterinnen sind dann gerne bereit als SpielleiterInnen zu Gruppen und Runden zu kommen, wurde angeboten.

Nähere Informationen dazu gibt es bei Mag.a Gabriele Kienesberger, Koordinatorin der Initiative „Christlich geht anders“, Tel. 0650-4005751, g.kienesberger@edw.or.at, oder bei Anni Van den Nest, kfb der Erzdiözese Wien, Tel: 01/51552/3341 a.vandennest@edw.or.at

Franz Vock

 

 

Idee und Konzeption von „Christlichgehtanders#DasSpiel“:

 Anni van den Nest, kfb Wien

 

Fotocredit: Franz Vock

 

 

Kath. Frauenbewegung: „Steuersenkung kein Instrument der Sozialpolitik“

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Die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) und mit ihr das Bündnis „Christlich geht anders“ kritisieren das Vorhaben der neuen Regierung, Geringverdiener mit steuerlichen Maßnahmen zu entlasten. „Steuersenkung ist kein Instrument der Sozialpolitik“, denn außen vor bleibe dabei jenes Drittel der Einkommensbezieher, das zu gering verdiene, um überhaupt Steuern zu zahlen, so Wirtschaftsforscher und Unterstützer von „Christlich geht anders“ Stephan Schulmeister in einer kfbö-Aussendung am Freitag, 5. Jänner 2018. Diese „Fundamentalproblematik“, Sozialpolitik via Steuersenkung betreiben zu wollen, durchziehe das ganze Regierungsprogramm. Diverse Maßnahmen trügen dazu bei, Ungleichheit zu verstärken statt zu verringern.

Probleme sieht Schulmeister etwa beim „Kinderbonus“, der bei einem Drittel der Einkommensbezieher gar nicht, bei einem Drittel teilweise, und nur beim Drittel der am besten Verdienenden voll schlagend werde. Kritik übt der Wirtschaftsexperte auch an der angekündigten Entlastung bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, die bei rund 35 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen nicht ankäme, „weil sie aufgrund zu geringer Einkommen keine derartigen Beiträge leisten“. Das treffe insbesondere Frauen, die stark in Niedriglohnbranchen vertreten seien und eine hohe Teilzeitrate aufwiesen, so auch kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner.

Insbesondere Frauen negativ betroffen

Mit Ausnahme der Einführung von Frauenquoten in Aufsichtsräten vermisst Pernsteiner konkrete frauenpolitische Maßnahmen im Regierungsprogramm. Notwendig, so die kfbö-Vorsitzende, seien grundlegende Reformen hin zu einer geschlechtergerechten Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit, die Männern wie Frauen existenzsichernde Einkommen als auch Chancen auf ein Leben für und mit Familie sicheren.

Wie Arme „doppelt verlieren“ zeige laut Pernsteiner und Schulmeister auch die Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder von in Österreich erwerbstätigen Personen. „Um etwa Steuersenkungen, von denen Arme nichts haben, zu finanzieren, wird gespart, wo ohnehin schon wenig ist, etwa bei den rund 60.000 in Österreich als Scheinselbstständige tätigen Pflegerinnen im 24-Stunden-Dienst.“ Was es brauche, seien keine Kürzungen auf dem Rücken dieser Frauen, sondern vielmehr Investitionen in den Pflegesektor und genügend, ausreichend bezahlte Pflegekräfte, um die notwendige Versorgung von Pflegebedürftigen zu sichern.

Falsche, auf dem Rücken von Frauen ausgetragene Sparmaßnahmen ortet die kfbö gegenwärtig auch in Oberösterreich, wo die Landesregierung kurz vor Weihnachten drei Fraueninitiativen die Förderung gänzlich gestrichen habe. Betroffen seien davon Künstlerinnen und wohnungslose Frauen, aber auch etwa die Beratungs- und Bildungsinitiative Maiz, die sich für und mit Migrantinnen engagiert, so Pernsteiner.

Pernsteiner fordert Sozialpolitik mit Augenmaß

Die kfbö-Vorsitzende spricht sich für eine Sozialpolitik mit Augenmaß und im Sinne des Auftrags des Evangeliums aus. Das berühre insbesondere den Umgang mit Flüchtlingen. Die Kürzung der Mindestsicherung sei ebenso abzulehnen wie die fortgesetzte Sündenbockstrategie, Flüchtlinge für sozialstaatliche und andere Defizite verantwortlich zu machen. Hetzte und Hass in der politischen, öffentlichen und insbesondere medialen Diskussion sei entschieden entgegenzutreten.

Kritisch betrachtet Pernsteiner auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie die Ausdehnung der Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden. Das sei ein „Rückschritt auf dem Weg zur Gleichstellung von Mann und Frau“, weil dadurch die Rolle von Frauen als Zuverdienerinnen verfestigt und deren Chancen auf dem Erwerbsarbeitsmarkt verringert würden.

Einladung zu „gesellschaftspolitischem Spieleabend“

Wie zu einem konstruktiven, kreativen öffentlichen Diskurs zu Fragen von Menschenwürde und gerechter Verteilung angeregt werden kann, will die kfb Wien am 8. Jänner anhand eines öffentlich zugänglichen „gesellschaftspolitischen Spiele-Abends“ zeigen. Gemeinsam mit dem Bündnis „Christlich geht anders“ lädt die kfb Wien zur Präsentation eines eigens entwickelten Spiels, das soziale Themen in Gruppen und Runden kreativ zur Diskussion stellt und dazu anregt, gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln. Das Spielformat eignet sich für Pfarren, Gemeinden und interessierte Gruppen jeder Art.

Als Gesprächspartner werden am 8. Jänner VertreterInnen des Bündnis „Christlich geht anders“ zur Verfügung stehen, u.a. die Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs Magdalena Holztrattner, der Präsident der Katholischen Aktion Wien Walter Rijs, der Generalsekretär der Ordensgemeinschaften Franz Helm, der Vorsitzende der Katholischen ArbeitnehmerInnen-Bewegung Österreichs Philipp Kuhlmann und der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister. Der Spieleabend findet in der Zeit von 18 bis 20:30 Uhr in den Räumen der Katholischen Aktion Wien am Stephansplatz 6, im 6. Stock statt.

P. Franz Helm: Umfassende Lebensmöglichkeiten eröffnen

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Weihnachten ereignet sich an den Rändern und betont die gleiche Würde aller Menschen

[Wien, 20. Dez 2017] Der Generalsekretär der Männerorden P. Franz Helm betont in seiner Weihnachtsbotschaft für die Ordensgemeinschaften das wache Sehen und wünscht: „ Wache Weihnachten, weil Weihnachten das Fest des wachen Sehens ist, es ereignet sich in einer Welt, die auch Ränder hat. Diese Ränder wollen wir sehen und die Menschen am Rand teilhaben lassen an unserer Weihnachtsfreude. Auch die Hirten und Magier waren Randgestalten, sie kamen aus der Ferne.“ Dazu betont Helm den gemeinschaftlichen Aspekt von Weihnachten: „Gemeinsam soll Weihnachten gefeiert werden, denn unser Gott ist einer, der in Beziehung geht und steht. Er ist mit seiner Familie da, die Hirten und viele andere kommen um das Fest der Gemeinschaft zu feiern. Wir wünschen Ihnen, dass Sie wirkliche Gemeinschaft erleben. So, wie alle Ordenschristinnen und Ordenschristen versuchen, gut in Gemeinschaft zu leben.“ Außerdem redet der Generalsekretär einfachen Weihnachten das Wort: „Und einfach sollen Ihre Weihnachten sein, denn auch Gott kommt ins Einfache. Vollkommen reduziert als Kind kommt er auf uns zu. Wir wünschen Ihnen von Herzen, dass es auch Ihnen gelingt, sich aufs Wesentliche zu reduzieren.“

In Richtung neues Regierungsprogramm

In Hinblick auf das neue Regierungsprogramm hält P. Helm in diesen Tagen fest: „Aufgrund ausgrenzender Tendenzen, die dem neuen Parteiprogramm zugrunde liegen, wie etwa gegen Asylsuchende oder gegenüber sozial Schwächeren, wird es eine hellwache Opposition brauchen, die alle kommenden Maßnahmen durchleuchtet. Weihnachten betont die gleiche Würde aller Menschen und Gott selber hat am Rand, bei den Hirten, draußen unter den einfachsten Menschen Platz genommen. Das ist die unmissverständliche Aufforderung an uns Christinnen und Christen, genau die Ränder in den Blick zu nehmen und in die Gesellschaft hereinzuholen oder ihnen am Rand umfassende Lebensmöglichkeiten zu eröffnen. Der Zusammenhalt einer Gesellschaft wird nur gelingen, wenn wirklich alle, gerade auch die Schwächsten, mitgenommen werden. Mögen auch einzelne Punkte des Regierungsprogrammes wie die Sicherung des Religionsunterrichtes von kirchlichen Personen positiv betrachtet werden, so ist die Grundtendenz der Ausgrenzung entlang des Sündenbockmechanismus und die Boulevardisierung in der Kommunikation kritisch zu sehen.“

Link zum Video mit dem Weihnachtswunsch von P. Franz Helm, Generalsekretär der Männerorden:

https://youtu.be/5AHuE9lGKX8

 

Stephan Schulmeister und KAB: Regierung soll nicht spalten

Steuersenkungen steigern Ungleichheit – gekürzte Sozialleistungen produzieren Armut.
Sozialstaat fördert menschenwürdiges Leben für alle.

Mitinitiator des Aufrufs zum Schutz des Sozialstaats, Schulmeister, weist auf geplante Umverteilungen zugunsten der Gutverdiener hin – „Der soziale Grundsatz, dass jedes Kind gleich viel wert sein soll, wird aufgeweicht“

Wien, 28.11.2017 (KAP) Stimmen in der vor einem Jahr gegründeten Sozialstaatsschutz-Initiative „Christlich geht anders“ – prominentester Unterzeichner ist der Salzburger Erzbischof Franz Lackner – äußern die Befürchtung, dass Türkis-Blau eine Regierung „der Spaltung der Gesellschaft“ wird. Ein Jahr nach dem Start der Initiative (www.christlichgehtanders.at) wurde dies beim Vikariatstag der „Katholischen ArbeitnehmerInnen Bewegung“ (KAB) am Sonntag im niederösterreichischen Lanzenkirchen (Südvikariat der Erzdiözese Wien) thematisiert, wie es in einer KAB-Aussendung von Dienstag heißt.

„Christlich geht anders“-Mitinitiator Stephan Schulmeister hob die Notwendigkeit eines gut funktionierenden Sozialstaates hervor und wies auf Bedrohungen, insbesondere geplante Umverteilungen zugunsten der Gutverdiener, hin: „Die Aussagen der Parteien, die gerade ihr gemeinsames Regierungsprogramm verhandeln, lassen hier Auswirkungen befürchten, die eine zunehmende Ungleichheit, ja eine Spaltung der Gesellschaft forcieren.“ Neoliberale Wirtschaftsideen spielten die Menschen gegeneinander aus und brächten eine Aushöhlung des Sozialstaates mit sich.

Als Beispiel nannte Schulmeister die Abschaffung der Körperschaftssteuer, die nur die obersten drei Prozent massiv entlaste. „Und durch den sogenannten Steuerbonus auf jedes Kind, werden nur die sehr gut Verdienenden, mit über 2.500 Euro Bruttolohn, entlastet. Damit wird der soziale Grundsatz, dass jedes Kind gleich viel wert sein soll, aufgeweicht. Tatsächlich geschieht dadurch eine Umverteilung von unten nach oben“, so der Experte.

Das christliche Menschenbild ziele aber „auf die gleiche Würde aller Menschen“, unterstrich Schulmeister. Daher sei eine Ungleichbehandlung von Kindern grundsätzlich abzulehnen. Ganz im Gegenteil müsse gerade hier angesetzt werden, um Benachteiligung aufgrund von sozialen Umständen entgegenzuwirken. Mit der für alle in gleicher Höhe ausbezahlten Kinderbeihilfe werde hier von vornherein einer staatlichen Ungleichbehandlung entgegengewirkt, legte der Wissenschaftler dar.

Staatliche Leistungen im Rahmen der Bildungs- und Familienpolitik erleichterten zudem die gesellschaftliche Teilhabe und Integration. Sie ermöglichten damit einen gesellschaftlichen Aufstieg und erzeugten so ein Mehr an Chancengerechtigkeit.

Schulmeister griff auch die Debatte um die Kürzung der Kinderbeihilfe für Kinder, die nicht in Österreich leben, auf. Dieses Vorhaben werde vorrangig Kinder von 24-Stunden-Betreuerinnen treffen. Wenn hier also mit Kürzungen angesetzt werde, ohne die Entlohnung zu erhöhen, so sei das ein Skandal, der diese Frauen und ihre Kinder empfindlich, ja existenziell treffen werde.

Der „Christlich geht anders“-Mitinitiator stellte einen direkten Bezug zwischen der Katholischen Soziallehre und dem europäischen Sozialstaatsmodell her. Modifizierungsbedarf sehe er im Arbeitsbereich, in der Abkehr vom Dogma der notwendigen Überproduktion, welche letzten Endes sowohl die Umwelt als auch die Menschen schwer belaste.

Schulmeister stellte zum Schluss die grundsätzliche Frage nach dem Guten Leben für alle, nach neuen Arbeitsmodellen und Arbeitszeitmodellen, und er betonte die Notwendigkeit, sich nicht entmündigen zu lassen, sondern sich einzumischen. Dies habe Papst Franziskus von verantwortungsvollen Christen und Christinnen eingefordert.

 https://www.kathpress.at/goto/meldung/1571507/initiative-christlich-geht-anders-regierung-soll-nicht-spalten

 

Die prägnantesten Aussagen haben wir in einem sozialwort-TV-Kurzvideo zusammengefasst (8min): 

https://www.facebook.com/kaedwien/videos/1365019400290291/

Redebeiträge beim Flashmob: Mayer, Schulmeister, Pernsteiner, Haidinger

 

Elisabeth Mayer, Katholische Aktion Österreich, Präsidentin der Katholischen Aktion Salzburg

KA – keine Angst!

Wie würde die Welt, auch die kleine in Österreich, heute ausschauen, wenn nicht vielen handelnden Personen die Angst im Nacken säße? Die Angst vor dem Fremden, die Angst vor Wohlstands- und Machtverlust, die Angst, sich unbeliebt zu machen oder altmodisch zu wirken. Angst, Misstrauen und Pessimismus dürfen nicht das Handeln von Christinnen und Christen bestimmen.
Das Schüren von Ängsten darf nicht durch Wählerstimmen belohnt werden. Christlich geht anders: Hoffnung statt Angst. Aufbauen statt niedermachen. Integrieren statt ausgrenzen. Katholische Aktion heißt für mich daher auch KA – keine Angst!
Im Vertrauen auf den Heiligen Geist müssen wir uns nicht fürchten, wenn wir als Katholische Aktion für mehr Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität in der Gesellschaft eintreten.

 

Stephan Schulmeister, Wirtschaftsforscher

Der Sozialstaat ist die bedeutendste gesellschaftliche Innovation Europas. Sein Bestand und seine Erneuerung stehen im Zentrum der christlichen Soziallehren (siehe das „Sozialwort der christlichen Kirchen in Österreich“), er bildet die Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft und des Europäischen Sozialmodells.

Doch seit den 1970er Jahren hat der zunehmende Einfluss der (alten) Wirtschaftheorie, wonach nur die Konkurrenz von Individuen durch eine „unsichtbare Hand des Markts“ das allgemeine Beste zustande bringe. Daher wurden die Finanzmärkte „ent-fesselt“, Unternehmertum erschwert, Finanzspekulation gefördert. Das Wirtschaftswachstum sank, Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung stiegen. Und so wurde die Schwächung des Sozialstaats zu einem „Sachzwang“ (gemacht).

Deshalb nehmen prekäre Beschäftigung, Armut und Ausgrenzung seit langem zu, die berechtigten Gefühle der Verbitterten werden gegen „Sündenböcke“ gerichtet wie Flüchtlinge, Zuwanderer aus östlichen EU-Ländern (sie wollen unser Sozialsystem ausnützen – nur als billige Pflegerinnen sind sie uns willkommen), oder gegen „das“ System, „die“ EU, etc.
Dagegen müssen wird Widerstand leisten, klare Aussagen von Papst Franziskus geben die (Verteidigungs)Linie vor (aus der Enzyklika „Evangelii Gaudium“):
„Heute spielt sich alles nach den Kriterien der Konkurrenzfähigkeit und nach dem Gesetz des Stärkeren ab, wo der Mächtigere den Schwächeren zunichte macht. Als Folge dieser Situation sehen sich große Massen der Bevölkerung ausgeschlossen und an den Rand gedrängt…….“ (Abschnitt 53)
„Während die Einkommen einiger weniger exponentiell steigen, sind die der Mehrheit immer weiter entfernt vom Wohlstand dieser glücklichen Minderheit. Dieses Ungleichgewicht geht auf Ideologien zurück, die die absolute Autonomie der Märkte und die Finanzspekulation verteidigen“ (Abschnitt 56).

  

Veronika Pernsteiner, Vorsitzende der kfb – Kath. Frauenbewegung Österrreichs

Soziale Gerechtigkeit meint immer auch Geschlechtergerechtigkeit. Die christliche Soziallehre begreift den Sozialstaat als wesentlichen Faktor bei der Herstellung und Stabilisierung sozialer Gerechtigkeit. Er ist also auch ein Bekenntnis dazu, dass Männer und Frauen gleichermaßen teilhaben sollen an Ressourcen und Chancen in einer Gesellschaft. Wo der Sozialstaat in Frage gestellt, geschmälert oder gar abgebaut wird, werden immer auch und in erster Linie Teilhabemöglichkeiten und Ressourcen von Frauen in Frage gestellt, geschmälert oder gar abgebaut.

Herabgesetzte Mindestsicherung, die Streichung  oder der mangelnde, verschleppte Ausbau öffentlicher infrastruktureller Leistungen: es sind Frauen, die zuerst und stärker betroffen sind – weil sie ohnehin unter Nachteilen leiden, Kinder alleine erziehen nach einer Trennung (90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen), in Niedriglohnbranchen tätig sind (die Niedriglohnbranchen sind, weil dort hauptsächlich Frauen beschäftigt sind), vom Erwerbsarbeitsmarkt teilweise oder ganz ausgeschlossen sind, weil sie jene private Sorgearbeit tun, für die es keine professionellen, bezahlbaren Anbieter gibt.

Es sind in erster Linie Frauen, die die Auswirkungen einer neoliberal ausgerichteten Wirtschaft und Gesellschaft zu spüren bekommen, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, die mangelnde Umverteilungswirkung eines Steuersystems. 5 % der österreichischen Bevölkerung verfügen über die Hälfte des gesamten Vermögens in diesem Land, Männer besitzen deutlich mehr als Frauen, mit zunehmender Größe des Vermögens wächst der Abstand.

Ein starker Sozialstaat ist möglich. Er ist das Ergebnis politischer Entscheidungen: für eine gerechte Umverteilung, für ein Bekenntnis zur Würde eines jeden Menschen, für seine existentielle Absicherung unabhängig von seiner Leistung, unabhängig vom Geschlecht.

Wo dies in Abrede gestellt wird, wo Menschen in „Würdigere“ und „Unwürdigere“ eingeteilt werden, Sündenböcke für künstlich erzeugte Defizite herhalten müssen, haben sich die dafür Verantwortlichen – PolitikerInnen, Medienschaffende, Menschen an Stammtischen, in Vereinen oder in der Nachbarschaft – von einem christlichen Ethos verabschiedet. „Christlich“ geht anders.

 

Abtpräses Christian Haidinger, Vorsitzender der männlichen Ordensgemeinschaften

Warum hat sich „Christlich geht anders“ formiert und warum stehe ich als Ordensmann zu dieser Initiative?

Schon mehr als zwei Jahre beobachten wir, dass der Umgang mit der sozialen Frage in Österreich in eine Richtung geht, die viele Menschen in unserem Land zutiefst beunruhigt. Gerade in den letzten Wochen intensiver Wahlwerbung wird dies immer deutlicher.

Die Blickrichtung ist nicht mehr eine umfassende Solidarität, nicht mehr der Zusammenhalt aller Menschen, die in Österreich leben.

Nicht mehr das solidarische Mittragen und Mitnehmen  benachteiligter Menschen, die nicht mehr genug Möglichkeiten für ein gutes Leben vorfinden, steht im Fokus der gesellschaftlichen Anstrengungen, sondern Abgrenzung, Ausgrenzung und Ausschließung.

Ich nenne aus meiner Sicht drei Beispiele:

  1. Individuelles Gewinnstreben dominiert über gelebte Solidarität. Unsicherheit und Angst macht sich breit. Dafür werden „Sündenböcke“ gesucht: die Flüchtlinge, die Muslime, die Fremden. In diesen Vorwahlzeiten lässt sich damit argumentieren.
  2. Das soziale Netz wird verkleinert anstatt es zu verdichten, damit niemand durchfallen muss. Denken sie an die Kürzungen der Mindestsicherung.
  3. Der Sozialstaat wird als Feind stilisiert. Es wird so getan, als ob er uns unberechtigt Geld aus der Tasche nehmen würde. Dabei beneidet uns die ganze Welt um diese Strukturen, die Armut und ein breites Hinausfallen verhindern.

Persönlich und als Vorsitzender der Superiorenkonferenz der männlichen Orden stehe ich voll und ganz hinter den Grundanliegen von „Christliche geht anders“!
Genau diese oben geschilderten Entwicklungen haben Menschen, vor allem auch Verantwortliche, aus den verschiedenen Kirchen zusammengeführt, um im „Sozialwort der christlichen Kirchen“ (2003) diesen „entsolidarisierenden Kräften“ entgegenzuwirken.
Vieles, was dort gefordert wurde ist heute aktueller denn je.

Aus der Wissenschaft, der Wirtschaft melden sich gegenwärtig wieder verantwortungsbewusste Menschen zu Wort – wie etwa Stephan Schulmeister oder Emmerich Tálos, um eine neue Solidarität einzufordern! Ich bin dankbar für diese fundierten und kritischen Beiträge zu den laufenden Entwicklungen.
Aber vielleicht fragen sie sich, warum ich als Ordensmann mich in diesem so aktuellen gesellschaftlichen Diskurs exponiere?
Als Ordensleute leben wir nicht abgeschlossen hinter dicken Klostermauern, sondern mitten in der Welt, – auch gemäß dem Auftrag Jesu: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium!“

Gerade auch Papst Franziskus ruft uns Ordensleute – und letztlich alle ChristInnen auf, „an die Ränder“ zu gehen, dorthin, wo Menschenrechte und Menschenwürde mit Füßen getreten werden. Es ist kein Zufall, dass die erste Reise des gegenwärtigen Bischofs von Rom nach Lampedusa ging, – und seither schon an viele „Ränder“ dieser Welt! Leben in der Nachfolge Jesu fordert dazu heraus, mit und bei den Armen und Schwachen und Hilflosen zu sein!

Wenn es um tiefgehende Entwicklungen in der Gesellschaft geht, dann gilt es hellwach zu sein und genau zu beobachten. Wir können nicht mitansehen und passiv daneben stehen, wenn auf die großen sozialen Fragen entsolidarisierende Antworten gegeben werden.
In Gemeinschaft mit den Ortskirchen stehen auch die Ordensgemeinschaften dafür, dass jede und jeder unabhängig von seinem Einkommen und den Leistungen den entsprechenden Platz bekommt. Das ist in den klösterlichen Gemeinschaften selbst so und das ist auch der soziale Auftrag der Orden in die Gesellschaft hinein.

Viele Ordensgemeinschaften sind bekannt dafür, dass sie Akuthilfe leisten, soviel nur möglich ist. Wenn aber, wie es jetzt aussieht, der Sozialstaat löchriger wird, die Viel-Habenden weniger beitragen sollen und das Steuersystem auf ungerechte Weise aufgeweicht wird – woher bitte sollen 14 Milliarden kommen, die eingespart werden müssen (diese Zahl ist mir kürzlich genannt worden) -, dann müssen wir warnend unsere Stimme erheben.

Ich erhebe daher die fordernde Bitte:
Arbeiten wir in Richtung gerechter Strukturen, in Richtung eines Sozialstaates, der diesen Namen verdient!
Balancieren wir diese immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich neu aus auf eine gerechte Besteuerung hin, damit das soziale Netz nicht kleiner, sondern für alle und mit allen tragfähiger wird.
Die Sozialen Fragen verdienen solidarische Antworten und nicht den Egoismus von Wenigen.