Wer ist dabei? - Page 3

Martin Jäggle: Christlich geht anders, weil …

… das Christentum in der Geschichte schmerzlich lernen musste, wie Abgrenzung, Ausgrenzung und Dämonisierung das Zusammenleben in Vielfalt vergiftet und eine Gesellschaft spaltet. Jahrhunderte lang war es unmöglich, als religiös Verschiedene gut zusammenleben zu können, wie die Blutspur christlicher Konfessionskriege zeigt. Der absolute Tiefpunkt war die Schoa, an der Kirchen maßgeblichen Anteil hatten. Doch sie bewirkte letztlich eine Umkehr.

Daher bekämpfen Kirchen heute den Antisemitismus und die Fremdenfeindlichkeit, betrachten „Muslime mit Hochachtung“ (II. Vatikanisches Konzil) und setzen sich für Religionsfreiheit ein. Religiöse Vielfalt gilt als gottgewollt, sie „beruht auf der Unermesslichkeit Gottes, der Liebe ist“ (J. Dupuis) und ermöglicht ein fruchtbares Zusammenleben und –arbeiten. So fragen sich Christinnen und Christen heute, ob sie mit dem Reichtum religiöser Pluralität, die wir letztlich Gott zu verdanken haben, angemessen umgehen.

Univ.-Prof. i.R. Dr. Martin Jäggle
Institut für Praktische Theologie der Universität Wien

u.a. Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit; Mitglied des Kuratoriums der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE)

Sr. M. Andreas Weißbacher: Christlich geht anders, weil …

Ständiges Wirtschaftswachstum, nur gesehen im Hinblick auf Quantität, wie es derzeit ständig gefordert wird, ist in einer begrenzten Welt nicht möglich. Es gilt, die Enzyklika Laudato Sí sorgfältig zu studieren, wenn „das Andere“ zur heutigen Konsum- und Verbrauchergesellschaft benannt werden soll. „Die christliche Spiritualität schlägt ein anderes Verständnis von Lebensqualität vor und ermutigt zu einem prophetischen und kontemplativen Lebensstil, der fähig ist, sich zutiefst zu freuen, ohne auf Konsum versessen zu sein.“ LS 222

Gedacht ist an Menschen, die dankbar die Vielfalt der Gaben in der Schöpfung annehmen; die sie gebrauchen im Wissen um weltweite Verantwortung auf eine gute Zukunft hin auch für jene, die nach uns kommen.

Es braucht Demut und die Bereitschaft zum Einsatz all derer, die die Welt als Gabe und Auftrag eines liebenden Gottes verstehen, der allen Menschen Leben in Fülle zugesagt hat.

Sr. M. Andreas Weißbacher
Kloster Wernberg

Georg Datterl: Christlich geht anders, weil …

… weil so wie die Juden, auch die Christen von Anfang an sich als Kontrastgesellschaft sahen, an denen das Reich Gottes sichtbar werden könnte. Das gelingt nicht immer –aber einen Versuch ist es immer wert!

Prof. Mag. DDr. Georg Datterl
Schwerpunkt soziale und politische Erwachsenenbildung

Gerti Rohrmoser: Christlich geht anders, weil …

Wir alle wünschen uns ein „gutes Leben“. Als Christinnen und Christen, die ihren Glauben ernst nehmen, wissen wir, dass das nicht bedeuten kann, dass wir nur auf uns selbst schauen, und uns alle anderen Menschen „wurscht“ sind. Christlich geht einfach anders!

Wir sind vom Evangelium dazu aufgerufen, als „Salz der Erde“ zu wirken. Salz wird nur wirksam, wenn es „sich einmischt“. Höchste Zeit,  uns dieses Auftrags zu besinnen und unsere soziale Verantwortung in der Gesellschaft  konsequent wahrzunehmen!

Gerti Rohrmoser
Direktorin der Evangelischen Frauenarbeit in Österreich

Philipp Kuhlmann: Christlich geht anders, weil …

Ich habe oft den Eindruck, dass Menschen Ihr Gewissen gegen eine Marktgläubigkeit eingetauscht haben. Der Markt soll alles regeln. Damit ist man die eigene Verantwortung los. Wer Arbeit bekommt, regelt der Arbeitsmarkt. Wer verhungert, regelt der Lebensmittelmarkt.

Christlich geht anders: Der Mensch muss Träger, Schöpfer und Ziel aller gesellschaftlichen Einrichtungen sein. In einer christlichen Weltordnung ist die Macht der Märkte dem Gemeinwohl untergeordnet. Arbeit hat Vorrang vor dem Kapital. Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und gute Arbeit sind Leitlinien für die Gesellschaft. Menschenrechte wie Asyl oder das Recht auf Arbeit stehen außer Diskussion. Als Christ bin ich gefordert, das selbst vorzuleben und in die Gesellschaft einzubringen.

Philipp Kuhlmann
Bundesvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer/innen-Bewegung Österreich

Christian Felber: Christlich geht anders, weil …

Christlich geht anders als chrematistisch und kapitalistisch, weil Geld nicht der Zweck des Wirtschaftens ist, sondern das gemeinsame Wohl aller Menschen und Kreaturen.

Deshalb sollte jede Investition darauf geprüft werden, wie sie sich auf den sozialen Zusammenhalt und eine gerechte Verteilung auswirkt – eine obligatorische „Gemeinwohl-Prüfung“ durch Banken und Börsen könnte das leisten. Unternehmen sollten nicht nur über ihre Mittel bilanzieren müssen, sondern auch über ihr Verhältnis zu Grundwerten wie Solidarität und Gerechtigkeit.

Und soziale Kennzahlen, von der Absicherung aller schwierigen Lebenslagen über die Bereitstellung eines breiten Angebotes an öffentlichen Gütern bis hin zu Steuergerechtigkeit, sollten im „Gemeinwohl-Produkt“ enthalten sein, dass nicht Geld mit Gott verwechselt, sondern es als Instrument für die Mehrung des Gemeinwohls versteht und ihm entsprechende Grenzen und Bedingungen auferlegt.

Christian Felber
Gemeinwohlökonom

www.christian-felber.at

David Steindl-Rast: Christlich geht anders, weil …

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Christliche Werte erscheinen mir als Christ für die Politik wichtig, wenn sie allgemein menschliche Werte unterstreichen. Bei meinem Einsatz im politischen Leben, geht es mir nicht darum, Christliches gegen Nichtchristliches auszuspielen, sondern darum, für Menschlichkeit einzutreten, wo unmenschliches Verhalten droht.

Menschlich handeln wir, wenn wir bei politischen Entscheidungen u.A. Folgendes ernst nehmen:

  • Wir sind eine einzige Menschheitsfamilie über alle Grenzen und Abgrenzungen hinweg. Jedem Menschen steht das gleiche Recht zu.
  • Den, von der Gesellschaft ausgegrenzten oder benachteiligten Mitmenschen, schulden wir besondere Achtung, Beachtung und tatkräftige Unterstützung.
  • Die Erde ist unsere gemeinsame Heimat. Wir sind gemeinsam und je einzeln verantwortlich für Umweltschutz und sorgsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen.
  • Wir leben auf einem begrenzten Planeten: unbegrenztes Wachstum ist eine Krebserkrankung von Wirtschaft und Gesellschaft.
  • Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Wir brauchen eine neue, gerechte Wirtschaftsordnung, die uneingeschränkte Habgier steuert.

Weil bei politischen Entscheidungen größere Gruppen mehr Gewicht haben als vereinzelte Stimmen, liegt mir daran, Mitchristen und Mitchristinnen aufzuwecken, damit sie politisch aktiv werden. Wir haben zu viele Schlafwandler unter uns. Sich nicht in Politik einzumischen, heißt den gefährlichsten Politikern in die Hände zu spielen. Christlich geht anders bietet eine Gelegenheit für unsere Überzeugung als Menschen und als Christen einzutreten. „Es ist höchste Zeit vom Schlafe aufzuwachen.“ (Röm 13,11)

Bruder David Steindl-Rast

http://www.dankbar-leben.org/

Olivier Dantine: Christlich geht anders, weil …

Solidarität mit den Verletzlichen, die Suche nach Gerechtigkeit und ein menschenwürdiges Leben für alle, das Bemühen um Frieden und um Bewahrung der Schöpfung und damit der Grundlage für das Leben der nächsten Generationen, das sind Maßstäbe für die christliche Verantwortung. Eine Politik, die sich auf das christliche Erbe unseres Landes beruft, muss sich daran messen lassen.

Es geht nicht darum, „mit der Bergpredigt Politik zu machen“, also aus der Bibel direkt Handlungsanweisungen für die Politik abzuleiten. Politik muss sich bemühen, zwischen den unterschiedlichen Interessen in der Gesellschaft einen verantwortungsvollen Ausgleich zu finden. Und doch müssen in diesem Suchen des Ausgleichs klare Grenzen gesetzt werden. Diese Grenze ist dort überschritten, wo Leben in Würde gefährdet ist. Christlich geht anders, weil sich die Qualität des Zusammenlebens in der Gesellschaft am Umgang mit den Schwächsten entscheidet.

Mag. Olivier Dantine
Superintendent

www.sichtbar-evangelisch.at