August 2017

Erhard Busek: Christlich geht anders, weil …

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Die politische Theologie des Johann Baptist Metz gibt nach wie vor wichtige Hinweise auf ein Verständnis christlichen Engagements in der Gesellschaft, von dem wir heute allerdings weit entfernt sind. Metz weist uns darauf hin, dass „Empathie“ und „Compassion“ notwendig sind, um der Aufforderung des Christlichen gerecht zu werden. Mag sein, dass diese Worte infolge ihres Bezugs auf eine klassische Sprache nicht leicht zugänglich sind, die Gedanken dahinter aber sind es!

Was anders ist Empathie eigentlich als Nächstenliebe? Es ist eine Voraussetzung den Nächsten lieben zu können und nur dann möglich, wenn man sich in ihn hineinfühlt, seine Situation begreift, sie nachvollziehen kann und draus die Brücke vom Ich zum Du schlägt. Aggressiver noch ist die Compassion, nämlich die Aufforderung des Mitleidens. Ich verweigere mich immer dem Ausdruck des „Leidens“, weil es etwas eindimensional ist. Bei Mitleiden ist auch gemeint, die Frage des Mitfühlens, des Mitdenkens und vor allem auch der Aktion. Es darf nicht passiv verstanden werden, sondern ist eine aktive Tätigkeit, die zur Gestaltung der Welt beiträgt.

Das ist der eigentlich politische Inhalt des Christentums, der auch in den Apostolischen Schreiben von Papst Franziskus deutlich zum Ausdruck kommt. Es ist die Aufforderung, die aktuellen Probleme zu begreifen und sich damit auseinanderzusetzen. Ich bin mit dem Satz „Sentire cum Ecclesia – Fühlen mit der Kirche“ aufgewachsen. Mir war relativ rasch klar, dass es hier nicht um die verfasste Gemeinschaft der Christen geht, schon gar nicht um die Hierarchie, sondern schlicht und einfach ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln, das wieder die Voraussetzung dafür ist, solidarische Antworten auf die soziale Frage geben zu können. Es hat Aufforderungscharakter, dem wir uns nicht entziehen können!

Dr. Erhard Busek

Vizekanzler a. D. und BM für Wissenschaft und Unterricht a. D.,
Vorstandsvorsitzender des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa IDM

Anna Findl-Ludescher: Christlich geht anders, weil …

Sprache hat Wirkung. Sie kann Ängste schüren, Menschen gegeneinander ausspielen, oder Empathie ermöglichen, Menschlichkeit fördern und Respekt.

Jedes Ereignis kann verschieden dargestellt und beleuchtet werden.
Sind das nun „Schmarotzer“ oder „Menschen in Notsituationen“, „Illegale“ oder „Geflüchtete“. Sind das „aufmüpfige“, „frustrierte“ Frauen oder „engagierte“, „kompetente“ Zeitgenossinnen.

Welche Sprache, welches Framing sich im öffentlichen Diskurs durchsetzt, ist nicht gottgegeben. Dieses Framing ist von höchster politischer Bedeutsamkeit und wir haben Einfluss darauf: indem wir die Absichten in der Sprachwahl bemerken und benennen, wenn wir darüber reden in der Nachbarschaft, in anderen Gruppen, wenn wir Leserbriefe schreiben, etc.

Dr. Anna Findl-Ludescher
Ass. Prof. am Institut für Praktische Theologie, Innsbruck
Geschäftsführende Vorsitzende der PKÖ (Österr. Pastoralkommission)

Maria Plankensteiner-Spiegel: Christlich geht anders, weil …

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Rankings, Effizienz, Output, Ansehen – und dann: „Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“ – Mt 6,21

Christinnen und Christen kennen einen Schatz, der alles in dieser Welt übersteigt und zugleich diese Welt radikal ernst nimmt, gleichsam von der Wurzel her – Jesus Christus.

Sie verstehen alle Menschen als Abbild Gottes und wissen, dass sie die Welt anvertraut bekommen haben. Diese Haltung braucht es dringend, überall, wenn wir nicht zuschauen wollen, wie unsere Erde ausgebeutet wird, und wenn wir nicht einfach hinnehmen, wie Menschen geschunden werden. Wenn es um eine Stimme der Wertschätzung geht, um Achtung vor jedem Leben, dem jungen, behinderten, alten, kranken, gesunden Leben.

Es braucht die Christinnen und Christen, die nicht auseinander dividieren, sondern zusammenbringen. Menschen, die sich nicht von Versprechungen und populistischen Ansagen blenden lassen, sondern ihr Denken und Tun reflektieren und an Jesus Christus ausrichten. Denen der eigene schnelle Erfolg und Wohlstand nicht das Wichtigste sind, sondern die sich einsetzen und ihre Stimme erheben für Gerechtigkeit und Solidarität.

Wir brauchen christliche Menschen.

Mag. Maria Plankensteiner-Spiegel, MAS
Leiterin des Bischöflichen Schulamtes der Diözese Innsbruck

Angelika Ritter-Grepl: Christlich geht anders, weil …

… Gerechtigkeit, Friede und Freude … (Röm 14,17) die Vision eines Guten Lebens für alle bestimmen.

Gerechtigkeit muss immer wieder in lebendigen Diskussionsprozessen ausgehandelt werden, damit Friede und Freude werden können. ChristInnen mischen sich ein.

Wie verteilen wir die Ressourcen? Wie steht es mit der Chancengleichheit und den Gestaltungsmöglichkeiten der Menschen in unserem Land, die sich alle unterscheiden – durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht, einer Altersgruppe, einer ethnischen – migrantischen Gruppe oder als Frauen, Männer, als hetero- oder homosexuell Orientierte?

Christliche Barmherzigkeit als wichtige personale Eigenschaft und persönliche Grundlage des sozialen Handelns soll zum politischen Motor für die Sozialgesetzgebung werden. Barmherzigkeit ist der christliche Quellgrund der sozialen Gerechtigkeit. Die VerantwortungsträgerInnen für Gerechtigkeit sind wir selbst!

Mag.a Angelika Ritter-Grepl
Leiterin Frauenreferat
Diözese Innsbruck
Abteilung Familie und Lebensbegleitung

www.dibk.at